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EuG: Kommission darf deutlich mehr Informationen zum Autoglas-Kartell veröffentlichen

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Die Kommission darf in der Sache Autoglas eine deutlich ausführlichere Version der Bußgeldentscheidung veröffentlichen.

Die Kommission darf in der Sache Autoglas eine deutlich ausführlichere Version der Bußgeldentscheidung veröffentlichen. Das entschied das Europäische Gericht am 15. Juli 2015 (T-462/12). Die Entscheidung ist von großer Bedeutung, da die nun zusätzlich zu veröffentlichenden Informationen möglichen Schadensersatzklägern helfen könnten.

I.      Hintergrund

Am 12. November 2008 erließ die Kommission Bußgelder in Höhe von insgesamt € 1,3 Mrd. gegen vier Hersteller von Autoglas wegen Verstößen gegen das Kartellrecht. Die Entscheidung wurde erst am 10. Februar 2010 und nur in einer nicht-vertraulichen Fassung auf der Website veröffentlicht. Die Kommission beabsichtigte, eine vollständigere Fassung der Entscheidung zu veröffentlichen.

Dagegen stellten Pilkington und AGC einen Antrag auf vertrauliche Behandlung. Insbesondere sollten Kundennamen, Anzahl an Produkten, Anteil eines bestimmten Automobil-herstellers, Preiskalkulationen, Preisänderungen sowie Angaben zum Personal geschwärzt bleiben.

Die Einwendungen wurden durch den Anhörungsbeauftragten zurückgewiesen. Dagegen reichten Pilkington und AGC Glass Europe Klage beim Europäischen Gericht ein. Zugleich stellten sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

Mit Beschluss vom 10. September 2013 gab der Präsident des Gerichts dem Antrag von Pilkington auf vorläufigen Rechtsschutz zum Teil statt.

II.      Urteile des Gerichts

Im Hauptsacheverfahren wies das Gericht nun die Klage von AGC Glass Europe ganz und die Klage von Pilkington weitgehend zurück. Das Gericht stimmte Pilkington ausschließlich insoweit zu, als die Veröffentlichung von Informationen, aufgrund derer bestimmte in die Durchführung des Kartells verwickelte Mitglieder des Personals der Klägerin identifiziert werden könnten, betroffen ist.

Das Gericht führte insbesondere aus, dass sich die Klägerinnen, anders als die Behörden bei Anträgen auf Akteneinsicht nach der Verordnung 1049/2001, nicht auf eine allgemeine Vermutung berufen könnten, dass bestimmte Kategorien von Informationen nicht veröffentlicht werden dürfen, da dies schützenswerte Interessen gefährden würde. Vielmehr sei ein Geheimhaltungsbedürfnis jeweils im Einzelfall darzulegen.

Das Gericht führte zum Geheimhaltungsbedürfnis bestimmter Informationen ferner Folgendes aus:

1.      Kundennamen, die Namen und die Beschreibungen von Produkten sowie andere Informationen, aufgrund derer bestimmte Kunden identifiziert werden könnten

Solche Informationen seien naturgemäß Dritten bekannt. So sei der Name eines Herstellers auf der eingebauten Scheibe in einem Auto zu erkennen. Es handele sich überdies hier um historische Daten, da alle aus den Jahren vor 2002 stammten und damit älter als 5 Jahre seien.

2.      Anzahl der von der Klägerin gelieferten Teile, der Anteil eines bestimmten Automobil-herstellers, die Preiskalkulationen, die Preisänderungen etc.

Diese Informationen seien im Grundsatz als Geschäftsgeheimnisse einzustufen. Hier habe die Klägerin jedoch selbst im Rahmen der kartellrechtswidrigen Handlungen all diese Informationen an ihre Wettbewerber und damit diejenigen weitergegeben, vor denen derartige Informationen typischerweise geheim zu halten seien. Diese Informationen seien zudem ebenfalls historischer Natur.

3.      Informationen, aufgrund derer bestimmte in die Durchführung des Kartells verwickelte Mitglieder des Personals der Klägerin identifiziert werden könnten

Hinsichtlich der dritten Kategorie führte das Gericht aus, die Kommission habe bereits im Laufe des Verfahrens dem Antrag von Pilkington, die betreffenden Namen zu schwärzen, stattgegeben. Diese Entscheidung dürfe im Nachhinein nicht durch den Anhörungsbeauftragen in Frage gestellt werden.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Sowohl für die Kommission wie auch für die Klägerinnen besteht die Möglichkeit, Rechtsmittel zum Gerichtshof einzulegen.

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