Überbrückungshilfe: Widersprüche nicht per einfacher E-Mail einlegen! | Fieldfisher
Skip to main content
Insight

Überbrückungshilfe: Widersprüche nicht per einfacher E-Mail einlegen!

Locations

Germany

Ein für Klarstellung und Wiederholung der Anforderungen an die 𝗲𝗹𝗲𝗸𝘁𝗿𝗼𝗻𝗶𝘀𝗰𝗵𝗲 𝗙𝗼𝗿𝗺 𝗶𝗺 𝗩𝗲𝗿𝘄𝗮𝗹𝘁𝘂𝗻𝗴𝘀𝗽𝗿𝗼𝘇𝗲𝘀𝘀𝗿𝗲𝗰𝗵𝘁 sehr nützliches Urteil hat das OVG M-V erlassen. Nach dieser Rechtsprechung – in Übereinstimmung mit der bisherigen Richtung in diesem Rechtsabschnitt – wahrt eine E-Mail, an die ein 𝘂𝗻𝘁𝗲𝗿𝘇𝗲𝗶𝗰𝗵𝗻𝗲𝘁𝗲𝗿 𝗪𝗶𝗱𝗲𝗿𝘀𝗽𝗿𝘂𝗰𝗵 𝗮𝗹𝘀 𝗣𝗗𝗙 angehängt ist, weder die Schrift- noch die elektronische Form nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO.
 
Zur Entscheidung:


OVG Mecklenburg-Vorpommern: Die Übersendung eines nicht qualifiziert signierten Widerspruchsschreibens in Gestalt einer PDF-Datei, die an eine einfache E-Mail angehängt ist, wahrt weder die Schriftform noch die elektronische Form nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. Landesrecht (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14.06.2022, Az. 1 M 43/22 OVG)

 

Sachverhalt:

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine für sofort vollziehbar erklärte naturschutzrechtliche Anordnung des Antragsgegners vom 24. März 2021 zur Wiederherstellung eines Biotops.

Am 24. März 2021 erließ der Beklagte eine Anordnung, wonach das auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindliche, gesetzlich geschützte Biotop mit der Bezeichnung „F.15516 – Stehende Kleingewässer, einschließlich der Ufervegetation“ nach näheren Maßgaben wiederherzustellen sei.

Gegen den der Antragstellerin am 27. März 2021 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid vom 24. März 2021 erhob die Antragstellerin am 19. April 2021 Widerspruch. Die Antragstellerin übersandte an die im Bescheid angegebene E-Mail-Adresse dazu mit der Absenderadresse „G.“ und der Betreffzeile „Ihre Anordnung Az.: 66.1.37.3.3.033-04/21 vom 24.03.2021“ eine (einfache) E-Mail mit folgendem Inhalt:

„Bitte Anhang öffnen!"

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2021 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragstellerin zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Widerspruch unzulässig sei. Eine einfache E-Mail genüge nicht dem Schriftformerfordernis des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Widerspruchsbescheid wurde der Antragsgegnerin am 10. Juli 2021 zugestellt.

 

Entscheidungsgründe:

Das OVG Mecklenburg-Vorpommern hielt das Antragsbegehren für unbegründet.

Diese Entscheidung stützt das Gericht maßgeblich darauf, dass durch eine Übersendung eines nicht qualifizierten Widerspruchsschreibens in Gestalt einer PDF-Datei, die an eine einfache E-Mail gehängt ist, die Schriftform nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht gewahrt ist.

Dies begründet das Gericht einerseits damit, dass die in § 3a Abs. 2 S. 4 (L)VwVfG – als einschlägige landesrechtliche Norm - genannten Übertragungswege abschließend. Andererseits finde eine Heilung des Formmangels nicht durch Ausdrucken bei der Behörde statt: Anders als beim (Computer-)Fax habe es der Absender nicht in der Hand, ob ein Ausdruck stattfindet oder nicht.

Auch, wenn durch die Umstände die Urheberschaft und der Wille, die Erklärung in Verkehr zu bringen einmal eindeutig gewesen wären, kommt auch keine Ausnahme von der landesrechtlichen Norm in Betracht: Da elektronische Übermittlungswege manipulationsanfällig seien, dienen die hohen Anforderungen an die Signatur dem Schutz der Integrität elektronischer Dokumente, nicht nur der Sicherstellung der Urheberschaft.

Ferner ist eine zu § 130 Nr. 6 Alt. 2 ZPO vergleichbare Vorschrift im Verwaltungsprozessrecht nicht existent.

Schlussendlich gilt, dass nur, weil dem "juristischen Laien" die Unterscheidung zwischen Text- und Schriftform nicht bekannt sei und er unter elektronischer Form die E-Mail verstehe, dies vor dem Hintergrund der eindeutigen Rechtsbehelfsbelehrung (RBB) nicht durch durchdringe.

 

Zusammenfassung:

  • Die Übersendung eines nicht qualifiziert signierten Widerspruchsschreibens in Gestalt einer PDF-Datei, die an eine einfache E-Mail angehängt ist, wahrt weder die Schriftform noch die elektronische Form
 

Relevanz für die Corona-Überbrückungshilfen:

Wir sehen in der Praxis, dass viele Steuerberaterinnen und Steuerberater Widersprüche gegen Ablehnungs- oder Rückforderungsbescheide per E-Mail einlegen. Diese Praxis kann den Beratern nach dieser Entscheidung "auf die Füße fallen".
 

Wenn Sie Unterstützung im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen – insbesondere zu den Schlussabrechnungen der Corona-Überbrückungshilfe - benötigen, melden Sie sich gerne bei uns.
 
Wir helfen Ihnen auch kurzfristig.          
 

Über die Autoren

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit mehreren Jahren auch im Fördermittelrecht.          
 
Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie berät zudem zu zuwendungsrechtlichen Einzelfragen sowie zu begleitenden beihilferechtlichen und vergaberechtlichen Aspekten. Zu ihren Mandanten gehören Unternehmen in Verwaltungsverfahren, Ministerien und Behörden, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

 

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Klicken Sie hier, um den Newsletter zu abonnieren oder Ihre E-Mail-Einstellungen zu verwalten.

ABONNIEREN