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Praxistipp für Steuerberater: Klageerhebung bei Überbrückungshilfen muss elektronisch erfolgen

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Mit diesem Rechtsupdate möchten wir Unternehmen sowie Steuerberater:innen über die von uns beobachteten Rechtsentwicklungen bei den Corona-Sofort- und Überbrückungshilfen informieren. Die Zahl der Ablehnungen von Anträgen auf Überbrückungshilfen sowie die Zahl der Rückforderungen haben sich deutlich erhöht, sodass ein gesteigertes Interesse an den Gründen für diese Umstände besteht. Schließlich sind viele Unternehmen auf entsprechende Fördersummen angewiesen. Damit Sie auf dem aktuellen Stand bleiben, fassen wir Ihnen wöchentlich eine wichtige Entscheidung zu diesem Thema zusammen, sodass aktuelle Rechtsentwicklungen verfolgbar bleiben.


Unzulässigkeit einer Beschwerde wegen Nichteinhaltung der Formvorschriften durch Steuerberater bei elektronischer Übermittlung von Schriftsätzen: Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 17.07.2023 - 22 CS 23.1040; vorgehend VG Regensburg, 15. März 2023, RO 16 S 23.197, Entscheidung)


Sachverhalt:
Die Antragstellerin verfolgte mit ihrer Beschwerde ihr erstinstanzliches Begehren weiter, mit dem sie sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Vollziehung der Rückforderung einer Abschlagszahlung der ihr teilgenehmigten Überbrückungshilfe wendet. Dabei ließ sie sich von ihrem bevollmächtigten Steuerberater gerichtlich vertreten.


Entscheidungsgründe:
Der Antragstellerin wurde ihr Antrag auf die Gewährung einer Überbrückungshilfe im März 2022 zunächst teilweise gewährt, dann jedoch im Januar 2023 abgelehnt und ein zu erstattender Betrag in der ursprünglich gewährten Höhe festgesetzt.
Hiergegen erhob die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten, einen Steuerberater, Klage beim Verwaltungsgericht und beantragte zugleich, „den zurückgeforderten Betrag von der Vollziehung bis zur Entscheidung der Klage auszusetzen“.
Der Schriftsatz ging dem Verwaltungsgericht elektronisch über das besondere Steuerberaterpostfach zu. Dabei war nach dem Prüfvermerk jedoch keine qualifizierte Signatur nach ERVB vorhanden und auch der Schriftsatz enthielt keine weitere Signatur. Das VG Regensburg lehnte den Antrag in der Folge als unzulässig, nämlich formunwirksam ab.
Die Antragsschrift war auf einem sicheren Wege übermittelt, erfüllte mangels qualifizierter elektronischer Signatur aber nicht die Anforderungen an eine elektronische Einreichung.
Zudem war der Antrag unstatthaft, da der zeitgleich erhobenen Klage bereits von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt. Dies ergibt sich aus § 80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Danach hat eine Klage gegen eine Rückforderung aufschiebende Wirkung.

Der Beschluss des VG Regensburg wurde zunächst im März 2023 erfolglos per EGVP und sodann am 9. Mai 2023 gegen Postzustellungsurkunde dem Steuerberater zugestellt.

Die Antragstellerin beantragte am 31. Mai 2023 durch ihren Bevollmächtigten per Telefax die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Einlegung der Beschwerde.

Der VGH München wies die Beschwerde als unzulässig zurück, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt wurde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Beschwerde wurde abgelehnt, da sich aus dem Vortrag des bevollmächtigten Steuerberaters nicht ergab, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten.

Der Vortrag des Steuerberaters bezog sich allein darauf, dass der Bevollmächtigte die Beschwerde nicht unter Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs habe einlegen können. Ein mangelndes Verschulden des Bevollmächtigten konnte auch nicht festgestellt werden, weil dieser nicht darlegte, weshalb er das Telefax nicht fristgerecht übermitteln konnte.

Eine Unzulässigkeit der Beschwerde ergibt sich außerdem daraus, dass die Formerfordernissen nicht entsprechend berücksichtigt wurden.

Die Verpflichtung vorbereitende Schriftsätze und Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge als elektronisches Dokument zu übermitteln, gilt seit dem 1. Januar 2023 auch für Steuerberater. Sie unterfallen gemäß § 86d, § 157e StBerG der elektronischen Einreichungspflicht unterfallen.

Eine herkömmliche – etwa postalische – Einreichung von Schriftsätzen ist daher seither prozessual unwirksam. Nur dann, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig und die Verpflichtung von Steuerberatern zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an die Verwaltungsgerichte gilt nicht. Dass ein Fall vorübergehender technischer Unmöglichkeit vorliegt, muss der Bevollmächtigte ausreichend glaubhaft gemacht.

Der Fall, dass der Inhaber eines besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs entgegen seiner Verpflichtung die erforderlichen technischen Einrichtungen für die Nutzung des Postfachs nicht vorhält, stellt somit keine vorübergehende Unmöglichkeit und somit auch keine Ausnahme der Verpflichtung dar. Der Bevollmächtigte machte in der hiesigen Entscheidung nicht glaubhaft, dass die Gründe für die fehlende ordnungsgemäße Nutzbarkeit seines Postfachs außerhalb seines Verantwortungsbereichs lagen und wurde daher nicht von seiner Pflicht befreit, Schriftstücke elektronisch zu übermitteln.


Zusammenfassung
Der Beschluss des BayVGH hat sich in einem Beschwerdeverfahren zur Verpflichtung von Steuerberatern zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an die Verwaltungsgerichte seit dem 1. Januar 2023 geäußert. Diese Verpflichtung stellt erhöhte Anforderungen an die Steuerberater im Schriftverkehr mit den Verwaltungsgerichten und erfordert Genauigkeit bei der Einhaltung der Formvorschriften.

Wir empfehlen bei komplexen verwaltungsgerichtlichen Verfahren – wie es häufig bei Verfahren zu den Corona-Überbrückungshilfen der Fall ist – vorab anwaltlichen Rat einzuholen.

Wenn Sie Unterstützung im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen zu einem negativen Bescheid benötigen, melden Sie sich gerne bei uns.      
   

Wir helfen Ihnen auch kurzfristig.     


Über die Autoren  

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit 2020 schwerpunktmäßig auch in den Corona-Hilfsprogrammen des Bundes und der Länder.

Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie vertritt eine größere Zahl von Mandanten derzeit gegenüber Behörden und Förderbanken bei den Corona-Überbrückungshilfen. 

 

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