Fördermittel- und berufsrechtliche Pflichten des Steuerberaters im Rahmen der Schlussabrechnung zu den Corona-Überbrückungshilfen | Fieldfisher
Skip to main content
Insight

Fördermittel- und berufsrechtliche Pflichten des Steuerberaters im Rahmen der Schlussabrechnung zu den Corona-Überbrückungshilfen

Locations

Germany

Weiterhin beschäftigen die Corona-Überbrückungshilfen bundesweit Steuerberater. Die Frist für die Einreichung der Schlussabrechnung Paket 1 (Überbrückungshilfe I-III sowie November- und Dezemberhilfe) endete am 31. Oktober 2023 [Nachfrist: 31. Januar 2024]. Die Frist konnte auf Antrag zunächst bis zum 31. März 2024 verlängert werden. Sofern eine Fristverlängerung beantragt wurde, ist die Schlussabrechnung nun bis spätestens 30. September 2024 einzureichen.

Seit dem 15.11.2022 kann nun auch das Paket 2 der Schlussabrechnungen (für Überbrückungshilfe III Plus und Überbrückungshilfe IV) mit denselben Fristen eingereicht werden.

Nach der Konzeption der Überbrückungshilfen wurden diese zunächst auf Basis von Umsatzprognosen bewilligt. In der Schlussabrechnung müssen Unternehmen und Solo-Selbstständige nun die tatsächlich erzielten Umsätze angeben, auf deren Grundlage die endgültige Förderhöhe ermittelt wird. Auf dieser Basis können sich dann Nach- oder Rückzahlungen ergeben. Die Schlussabrechnung hat somit eine erhebliche finanzielle Bedeutung für die Unternehmen, die diese in Anspruch genommen haben. Als sogenannte prüfende Dritte im Sinne von § 3 StBerG fällt dem Steuerberater die Verantwortung über die Schlussabrechnungen seiner Mandanten zu.

Wie viele der wirtschaftspolitischen Maßnahmen in der Corona-Pandemie sorgen auch die Überbrückungshilfen und dazugehörigen Schlussabrechnungen für zahlreiche neue Rechtsfragen, denen sich Steuerberater nun ausgesetzt sehen. Für sie ist es wichtig zu wissen, welche fördermittel- und berufsrechtlichen Pflichten sie treffen und wie ggf. auftretende Konflikte zwischen diesen aufzulösen sind, um Haftungsfälle – sei es gegenüber dem Staat als auch gegenüber Mandanten – oder gar die Gefahr einer Strafbarkeit vermeiden zu können.

Die Bundesregierung stellt hier einen ausführlichen Leitfaden für prüfende Dritte zur Verfügung, der laufend aktualisiert wird. Hier ist zudem ein FAQ zu der Thematik zu finden.

Vor einiger Zeit haben wir hier bereits die Rolle prüfender Dritter im Rahmen der Schlussabrechnung erörtert. Als Update und Vertiefung hierzu soll dieser Beitrag dienen. Besonders wichtig ist dabei der hier für Steuerberater geltenden Prüfungsmaßstab. Aber auch auf berufliche Nebenpflichten des Steuerberaters soll ein Blick geworfen werden.

 
A. Prüfungsdichte
Der Steuerberater ist weder Beihilfeberater noch hat er eine abschließende Prüfung der Umsatzangaben des Mandanten vorzunehmen, wie er durch die zuständige Behörde erfolgt. Im Rahmen der Schlussabrechnung ist vielmehr lediglich eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen.

I. Inhalt der Plausibilitätskontrolle
Eine solche Plausibilitätsprüfung ist gerade nicht damit gleichzusetzen die Zahlen, die sich aus den eingereichten Unterlagen des Mandanten ergeben, selbst eigenständig noch einmal vollständig durchzuprüfen. Der Steuerberater muss vielmehr (nur) kritisch würdigen, ob die im Rahmen der Auftragstätigkeit insgesamt gewonnenen Erkenntnisse, die Angaben des Antragstellenden nachvollziehbar erscheinen lassen. Die Plausibilitätsprüfung sollte den prüfenden Dritten zu der Annahme veranlassen, dass die Anträge auf Schlussabrechnung im Namen des Antragstellenden in Übereinstimmung mit den Förderbedingungen der Corona-Wirtschaftshilfen gestellt werden (so Ziffer 3.9 der FAQ der Bundesregierung) Auch die Unterlagen, anhand derer dies überprüft wird (etwa die Umsatzsteuervoranmeldungen und Steuererklärungen der vergangenen Jahre sowie Aufstellungen der betrieblichen Fixkosten) finden sich an dieser Stelle in den FAQ.
 
Der Steuerberater kommt seiner Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung nach, wenn er eine ebensolche kritische Gegenprüfung vornimmt. Wie häufig im berufsrechtliche Haftungsrecht wird hierbei ein variabler Maßstab anzusetzen sein: Wie tief die Prüfung gehen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Legt der Mandant dem Steuerberater für die Schlussabrechnung Zahlen vor, erscheinen diese bei Gegenprüfung plausibel und liegen auch keine sonstigen Umstände vor, die gegen ihre Richtigkeit sprechen, ist ein Steuerberater, der eine solche Schlussabrechnung einreicht, seiner Prüfungspflicht hinreichend nachgekommen. Weisen die Zahlen dagegen Auffälligkeiten auf oder werden dem Steuerberater anderweitig Informationen bekannt, die diese in Frage stellen, so bestehen Nachforschungspflichten, deren Intensität vom Grad der Zweifel abhängt.
 
Ist für den Steuerberater ersichtlich, dass der Dritte offenkundig gegen Antragsvoraussetzungen verstoßen hat, ist ihm anzuraten, von der Einreichung dieser Schlussabrechnung abzusehen und die Gründe hierfür zu dokumentieren.
 
Zu den Bewilligungsbedingungen gehört im Übrigen auch die Coronabedingtheit des Umsatzrückganges. Anders als die Umsatzzahlen als solche fällt die Frage der Coronabedingtheit von Umsatzeinbußen nicht in den Expertisen- und Verantwortungsbereich des Steuerberaters. Es ist der Mandant und nicht er, der eine Begründung für den Umsatzrückgang darstellen muss. Auch die komplexe Rechtsfrage des Vorliegens eines Unternehmensverbundes, die noch zahlreiche Unwägbarkeiten aufweist, kann durch einen Steuerberater nicht verbindlich beantwortet werden. Auch bei diesen Fragen dürfte es zur Risikominimierung für Berufsträger aber anzuraten sein, ins Auge fallende Probleme zu dokumentieren.

II. Erstellung der Unterlagen durch den Steuerberater selbst
Die FAQ der Bundesregierung gehen ersichtlich von dem Fall aus, dass die Unterlagen, die der Plausibilitätsprüfung zugrunde liegen, durch den Leistungsempfänger selbst zusammengestellt werden. In der Praxis werden viele der genannten Dokumente allerdings häufig ebenfalls durch den Steuerberater erstellt. Die inhaltliche Verantwortung etwa für von ihm verfasste Steuererklärungen gerät dann in einen Konflikt mit dem lediglich kritischen Gegenprüfen der Plausibilität im Rahmen der Schlussabrechnung. Um Problemen in diesem Zusammenhang vorzubeugen, ist es empfehlenswert, die Erstellung etwa von Steuererklärungen von der Schlussabrechnung vertraglich zu trennen. Die nötigen Angaben zu betrieblichen Fixkosten obliegen schon von Vornherein nicht dem Steuerberater und sollten vom Mandanten selbst zusammengestellt werden.

 
B. Sonstige Berufspflichten des Steuerberaters
I. Unabhängigkeit
Der Steuerberater ist zur unabhängigen Berufsausübung verpflichtet. Das schließt aus, die Schlussabrechnung und damit einhergehende Plausibilitätsprüfung für Unternehmen vorzunehmen, zu denen eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht oder in Bezug auf welche eine Befangenheit in Betracht kommt. Das kann etwa bei der Schlussabrechnung für Unternehmen von Angehörigen der Fall sein. Ob aus derartigen Gründen Mandate abgelehnt und an einen Kollegen verwiesen werden sollten, sollte im Zweifelsfall mithilfe rechtlicher Beratung entschieden werden.

II. Verschwiegenheit 
Wie stets unterliegt der Steuerberater bei der Abgabe der Schlussabrechnung der Schweigepflicht, deren Verletzung grundsätzlich strafbewährt ist. Stellen sich aber Angaben in den Antragsunterlagen oder der Schlussabrechnung als falsch heraus, stellt sich die Frage, inwieweit unter Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht eine Offenlegung zur Wahrung eigener berechtigter Interessen des Steuerberaters – hier zur Vermeidung von Haftung und möglicher Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs – erfolgen darf.
 
Dieses Spannungsfeld lässt sich grob folgendermaßen auflösen: Es kommt maßgeblich darauf an, ob der Steuerberater einer möglichen Strafbarkeit ausgesetzt ist. Näheres zu dieser Frage finden Sie auch in unserem ersten Artikel zur Schlussabrechnung

  • Haben Steuerberater und Mandant kollusiv falsche Angaben gemacht, ist der Steuerberater also an einem Subventionsbetrug beteiligt gewesen, so darf er trotz grundsätzlicher Verschwiegenheitspflicht eine strafbefreiende Selbstanzeige vornehmen.

  • Sind die Angaben ohne einen Fehler des Steuerberaters falsch, stellen sich also trotz ausreichend sorgfältiger Prüfung des Steuerberaters im Nachhinein als falsch heraus, besteht die Verschwiegenheitspflicht uneingeschränkt, da insoweit den Steuerberater keine straf- oder zivilrechtliche Haftung trifft, die ein berechtigtes Interesse an einer Verschwiegenheitsdurchbrechung darstellen kann. Ohne Einwilligung des Mandanten darf die Unrichtigkeit der Angaben dann nicht offengelegt werden.

  • Ergeben sich fehlerhafte Angaben aus einem Fehler des Steuerberaters, ist der objektive Tatbestand eines Subventionsbetrugs erfüllt. Eine Strafbarkeit danach liegt aber nur bei leichtfertigem Handeln vor, über dessen Vorliegen verbindlich nur die Gerichte entscheiden können. Der betroffene Steuerberater gerät so in ein Dilemma, denn bei der Entscheidung, ob er der Verschwiegenheit unterliegende Informationen aufdeckt, ist die Strafbarkeitsfrage noch ungeklärt. Es ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der es im Kern auf die Höhe des Strafbarkeitsrisikos sowie das Mandantenverhalten ankommt. Die Schwierigkeit einer solchen Abwägung liegt auf der Hand.

 
In derartigen Abwägungsfällen oder bei Unklarheit darüber, welche der Konstellationen vorliegt, ist  die Einholung anwaltlichen Rates unbedingt zu empfehlen.
 

Wenn Sie Unterstützung im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen zu einem negativen Bescheid benötigen, melden Sie sich gerne bei uns.          
 
Wir helfen Ihnen auch kurzfristig.
 
 
Über die Autoren
Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit mehreren Jahren auch im Fördermittelrecht.
 
Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie berät zudem zu zuwendungsrechtlichen Einzelfragen sowie zu begleitenden beihilferechtlichen und vergaberechtlichen Aspekten. Zu ihren Mandanten gehören Unternehmen in Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozessen, Ministerien und Behörden, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

 

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Klicken Sie hier, um den Newsletter zu abonnieren oder Ihre E-Mail-Einstellungen zu verwalten.

ABONNIEREN