Geoblocking Verordnung | Fieldfisher
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Geoblocking Verordnung

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Germany

Am 3. Dezember 2018 wird die Verordnung (EU) 2018/302 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarktes (die "Geoblocking VO") für grenzüberschreitende Verkäufe an Kunden mit Wohnsitz oder Ort der Niederlassung in der EU gelten.  

Hintergrund und Anwendungsbereich

Die Geoblocking VO legt bestimmte Anforderungen fest, die in B2C- und B2B-Endkundenbeziehungen zu berücksichtigen sind, und zwar insbesondere beim Vertrieb von Produkten oder Dienstleistungen über E-Commerce-Kanäle. Im Rahmen der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa konkretisiert die Geoblocking VO für grenzüberschreitende Online-Verkäufe durch das Verbot von Zugangsbeschränkungen zu Online-Benutzeroberflächen das Gebot der Nicht-Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes gemäß Art. 20 der EU-Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG. Darüber hinaus (und unabhängig davon, ob Produkte oder Dienstleistungen über Online- oder Offline-Kanäle vertrieben werden) verbietet die Geoblocking VO auch die herkunftsbasierte unterschiedliche Behandlung von Kunden durch allgemeine Geschäftsbedingungen und die Diskriminierung hinsichtlich der akzeptierten Zahlungsmethoden.

Zugangsbeschränkungen zu Online-Benutzeroberflächen

Was die Zugangsbeschränkungen zu Online-Benutzeroberflächen betrifft, so ist es bei der Einrichtung separater Webshops für verschiedene Regionen innerhalb der EU nicht zulässig, den Zugang eines Kunden zu lokalen Webshops aus Gründen der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Orts der Niederlassung des Kunden durch technische Mittel oder auf anderem Wege zu sperren oder zu beschränken. Darüber hinaus ist es unzulässig, einen Kunden automatisch auf eine andere Version des Webshops weiterzuleiten, als die Version, auf die der Kunde ursprünglich zugegriffen hat. Die Weiterleitung des Kunden auf eine andere Version des Webshops ist nur zulässig, wenn (i) der Kunde der Weiterleitung ausdrücklich zustimmt und die Version des Webshops, auf die der Kunde ursprünglich zugegriffen hat, für den Kunden leicht zugänglich bleibt, oder (ii) die Sperrung oder Weiterleitung erforderlich ist, um den lokalen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Im letzteren Fall muss der Anbieter dem Kunden klar und deutlich erläutern, warum die Sperrung oder Weiterleitung notwendig ist, um gesetzliche Vorgaben sicherzustellen.

Diskriminierung durch unterschiedliche allgemeine Geschäftsbedingungen

Das Verbot der Diskriminierung durch unterschiedliche allgemeine Geschäftsbedingungen stellt sicher, dass für den Kunden unabhängig von der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung dieselben Verkaufsbedingungen gelten, wenn der Kunde (i) Waren an dem in den allgemeinen Geschäftsbedingungen angebotenen oder mit dem Kunden vereinbarten Lieferort entgegennehmen möchte, (ii) elektronisch erbrachte Dienstleistungen beziehen möchte, mit Ausnahme von urheberrechtlich geschützten elektronischen Inhalten (z.B. Streaming-Angebote, Online-Spiele und Software) oder (iii) Dienstleistungen an einem physischen Ort innerhalb des Mitgliedstaats beziehen möchte, in dem der Anbieter tätig ist (z.B. Hotelübernachtungen, Autovermietungen, Konzerttickets). Das bedeutet, dass die Kunden frei wählen können, welche lokale Version eines Webshops sie für ihre Online-Käufe nutzen möchten oder welches lokale Ladengeschäft innerhalb eines anderen Mitgliedstaates sie für ihre Offline-Käufe nutzen möchten. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfen keine abweichenden Bedingungen enthalten, wenn beispielsweise ein deutscher Kunde sich für den Kauf von Produkten auf einer britischen Webseite entscheidet.

Dies bedeutet nicht, dass die lokalen Webshops oder lokalen Ladengeschäfte keine unterschiedlichen Bedingungen festlegen dürfen (z.B. in Bezug auf Preise oder das Liefergebiet). Diese Bedingungen müssen aber für jeden Kunden gelten, der den Webshop oder das Ladengeschäft besucht. Wenn der deutsche Kunde, wie im Beispiel dargestellt, auf der britischen Webseite ein Produkt kauft, das - entsprechend dem auf der Webseite angegebenen Liefergebiet - nur innerhalb Großbritanniens geliefert wird, ist es zulässig, die Lieferung auf Postanschriften innerhalb Großbritanniens zu beschränken, sodass der deutsche Kunden auf eigene Kosten für die Lieferung von Großbritannien nach Deutschland verantwortlich ist.

Diskriminierung durch unterschiedliche Zahlungsbedingungen

Die dritte Säule der Geoblocking VO ist das Verbot der Diskriminierung aus Gründen, die im Zusammenhang mit den Zahlungsmethoden stehen. Demnach ist es unzulässig, aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Orts der Niederlassung des Kunden, des Standorts des Zahlungskontos, des Orts der Niederlassung des Zahlungsdienstleisters oder des Ausstellungsorts des Zahlungsinstruments innerhalb der EU unterschiedliche Bedingungen für einen Zahlungsvorgang anzuwenden.

Weitere Verbote hinsichtlich der Beschränkung von Internetverkäufen und Geoblocking

Es sei ferner darauf hingewiesen, dass die Geoblocking VO keine Auswirkungen auf weitere Verbote der Beschränkung von Internetverkäufen hat, die nicht unmittelbar in Bezug auf den Endverbraucher anwendbar sind. Dies gilt insbesondere für die Beschränkung des passiven Verkaufs über E-Commerce-Kanäle in Vertriebssystemen, die aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 über vertikale Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen verboten ist. Darüber hinaus unterliegt die Bereitstellung von Online-Inhaltediensten (z.B. Streaming von audiovisuellen Inhalte) der Verordnung (EU) 2017/1128 zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt.

Konsequenzen

Als Folge der Geoblocking VO sollten Unternehmen sicherstellen, dass sie keine Verfahren einsetzen, die zu Diskriminierungen von Kunden aus anderen EU-Ländern führen können. Insbesondere sollten alle technischen Maßnahmen zur Sperrung oder Beschränkung des Zugangs zu lokalen Webshops, einschließlich der automatischen Weiterleitung von Kunden auf einen anderen lokalen Webshop, unterlassen werden. Andernfalls setzen sich Unternehmen dem Risiko von möglichen Sanktionen aus, die von den Mitgliedstaaten je nach den einschlägigen Durchführungsvorschriften verhängt werden können.

In Deutschland soll gemäß dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) die Bundesnetzagentur für die Durchsetzung der Geoblocking VO zuständig sein. Der Bundesnetzagentur soll zu diesem Zweck die Befugnis eingeräumt werden, betroffene Anbieter zur Stellungnahme und Abhilfe aufzufordern und zur Durchsetzung dieser Forderung ein Zwangsgeld anzudrohen. Zudem soll der Verstoß gegen die Geoblocking VO als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden können. Neben der behördlichen Durchsetzung der Geoblocking VO wird Wettbewerbern, Verbraucherschutzverbänden und anderen berechtigten Institutionen die Möglichkeit eingeräumt, auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder des Unterlassungsklagegesetzes (UKlaG) gegen unlautere Marktpraktiken und/oder Verstöße gegen Verbraucherschutzgesetze vorzugehen.

Kontakt

Für handels- und vertriebsrechtliche Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen Sara Bandehzadeh (sara.bandehzadeh@fieldfisher.com) und Anke Saßmannshausen (anke.sassmannshausen@fieldfisher.com) gerne zur Verfügung. In wettbewerbs- und kartellrechtlichen Angelegenheiten wenden Sie sich bitte an Michael Adam (michael.adam@fieldfisher.com), Christian Bahr (christian.bahr@fieldfisher.com) oder Sascha Dethof (sascha.dethof@fieldfisher.com).

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