EU-Beihilferecht: Die Änderungen der Europäischen Kommission zu den Vorschriften über geringfügige Beihilfen | Fieldfisher
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EU-Beihilferecht: Die Änderungen der Europäischen Kommission zu den Vorschriften über geringfügige Beihilfen

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Am 13. Dezember 2023 hat die Europäische Kommission kurz vor Ablauf der Geltungsdauer die Änderungen der Verordnung für geringfügige Beihilfen (Verordnung Nr.2831/2023 der EU-Kommission vom 13.12.2023; nachfolgend: DE-minimis-VO) und der Verordnung für geringfügige Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Verordnung Nr. 360/2012 der EU-Kommission vom 25.04.2012; nachfolgend: DAWI-De-minimis-VO) erlassen. 

Die Änderungen sind zum 01. Januar 2024 in Kraft getreten und sollen bis zum 31. Dezember 2030 gelten. Die zuvor geltenden Verordnungen sind zum Ende des Jahres 2023 ausgelaufen. Welche Änderungen die Europäische Kommission konkret getroffen hat und welchen Hintergrund die De-minimis-Beihilfen haben, möchten wir für Sie in diesem Beitrag erläutern.

I. Zum Hintergrund der De-minimis-Beihilfen

Hintergrund der De-minimis-VO ist Art. 108 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Dieser sieht vor, dass staatliche Beihilfen bei der Europäischen Kommission durch die Mitgliedsstaaten angemeldet und erst nach der Genehmigung durch die Kommission durchgeführt werden dürfen (sog. Notifizierungspflicht). Die Vorschriften über staatliche Beihilfen – Art. 107 bis 109 AEUV – zählen zu den Wettbewerbsregeln des dritten Teils des AEUV. Die beihilferechtlichen Regelungen verfolgen das Ziel, Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des europäischen Binnenmarkts, die aufgrund von mitgliedstaatlichen Vergünstigungen an die in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Unternehmen entstehen können, zu verhindern. Die Erfüllung des EU-Beihilfentatbestands hat gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV grundsätzlich die Unzulässigkeit der entsprechenden Maßnahme zur Folge.  

Eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot staatlicher Beihilfen stellen die sogenannten De-minimis-Beihilfen und die DAWI-De-minimis-Beihilfen dar: Nach der EU-Ermächtigungsverordnung für staatliche Beihilfen (Verordnung Nr. 2018/1911 der EU-Kommission vom 26.11.2018, ABl. L 311/8 vom 07.12.2018) kann die EU-Kommission bestimmte staatliche Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären und damit von der in Art. 108 Abs. 3 AEUV normierten Notifizierungspflicht freistellen. Die Maßnahme darf insofern unmittelbar ausgeführt werden. Eine solche Freistellung wird insbesondere für Förderungen angenommen, deren Höhe so gering ist, dass eine Verzerrung des Wettbewerbs ausgeschlossen werden kann. Die De-minimis-VO gilt dabei nur für sog. transparente Beihilfen – also solche Beihilfen, deren Subventionswert im Voraus genau berechnet werden kann.

Greifen für eine staatliche Maßnahme, die den EU-Beihilfentatbestand erfüllt, keine Freistellungsmöglichkeiten ein, ist die Maßnahme zwingend bei der EU-Kommission anzumelden. Die EU-Kommission prüft sodann, ob es sich um eine Beihilfe handelt und ob diese auf der Basis der Ausnahmetatbestände des Art. 107 Abs. 2, 3 AEUV und der hierzu erlassenen Ausführungsvorschriften oder auf der Grundlage spezialrechtlicher Sonderregelungen genehmigt werden kann.

Der Erhalt unzulässiger Beihilfen kann -sofern dies bekannt wird – sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene negative Konsequenzen für den Begünstigten nach sich ziehen und gegebenenfalls zu einer Rückforderung der Beihilfen führen.

II. Welche wichtigen Neuerungen sind im Rahmen dieser Änderung nun aber erfolgt?

1. Anhebung der Höchstbeträge

Zunächst hat die Europäische Kommission die Höchstbeträge der Beihilfen, die an ein einzelnes Unternehmen für einen Zeitraum von drei Jahren ausgereicht werden dürfen, zum 01. Januar 2024 angehoben. Für die De-minimis-Beihilfen wurde der seit 2008 geltende Höchstbetrag von 200.000,00 Euro auf 300.000,00 Euro erhöht. Auch hinsichtlich des Höchstbetrags der DAWI-De-minimis-Beihilfen hat die Europäische Kommission eine Erhöhung um 50% - von 500.000,00 Euro auf 750.000,00 Euro – beschlossen. Die Erhöhungen sollen dabei vor allem den Folgen der Inflation Rechnung tragen.

Das kann interessant werden für die Corona-Überbrückungshilfen. Selbst wenn der Beihilferahmen für die Überbrückungshilfen weggefallen ist (weil das sog. Temporary Framework Agreement am 30.6.20222) auslief, können aus unserer Sicht Nachzahlungen bei den Überbrückungshilfen über den aktuellen Höchstrahmen der De-Minimis-Verordnung abgebildet werden. Dazu gibt es aber zum Datum dieses Beitrags weder Entscheidungen der Bewilligungsstellen noch Rechtsprechung.

2. Pflicht zur Eintragung in ein zentrales Register

Darüber hinaus gab es Änderungen in Bezug auf die Berichtspflichten der Unternehmen. Die Mitgliedstaaten sind nunmehr ab dem 01. Januar 2026 dazu verpflichtet, De-minimis-Beihilfen und DAWI-De-minimis-Beihilfen und deren Empfänger in einem zentralen Register zu erfassen. Ein solches Register kann sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eingerichtet werden. Ziel dieser Verpflichtung soll die Verringerung der Berichtspflichten für Unternehmen sein. Grundsätzlich besteht für antragsstellende Unternehmen die Pflicht, bei der Beantragung eine vollständige Übersicht über die im laufenden sowie in den letzten beiden Steuerjahren erhaltenen De-minimis-Beihilfen vorzulegen (sog. De-minimis-Erklärung). Bei unrichtigen, unvollständigen oder unterbliebenen Angaben kann den Unternehmen gemäß § 264 StGB eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrugs drohen.

Durch die Einführung eines zentralen Registers können die erhaltenen Beihilfen künftig zentral gesammelt und verfügbar gemacht werden und damit auch zu einer besseren Kontrolle der Beihilfengewährung beitragen. Die Abgabe der sog. De-minimis-Erklärung könnte somit in Zukunft für die Unternehmen entfallen und so den Verwaltungsaufwand der Unternehmen minimieren.

3. Einführung von "Safe Harbours"

Im Rahmen der Änderung der De-minimis-VO hat die Europäische Kommission schließlich sog. "Safe Harbours" für Finanzintermediäre eingeführt. Durch diese "Safe Harbours" sollen künftig Beihilfen in Form von Darlehen und Garantien weiter erleichtert werden. Bei den "Safe Harbours" handelt es sich um Erleichterungen bei der Unternehmensbesteuerung. Die Finanzintermediäre müssen die Vorteile nun nicht mehr vollständig an die Endbegünstigten weitergeben.

 

Über die Autoren

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit 2020 schwerpunktmäßig auch in den Corona-Hilfsprogrammen des Bundes und der Länder.

Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie vertritt eine größere Zahl von Mandanten derzeit gegenüber Behörden und Förderbanken bei den Corona-Überbrückungshilfen. 

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