Corona-Überbrückungshilfen: Rückforderung erhalten? Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung | Fieldfisher
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Corona-Überbrückungshilfen: Rückforderung erhalten? Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung

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Derzeit erreichen uns viele Anfragen wegen überraschender Rückforderungen bei den Corona-Überbrückungshilfen. Die Bewilligungsstellen ändern ihre Rechtspraxis bei unverändertem Sachverhalt, und schon gibt es einen Rückforderungsbescheid – oft über fast die gesamte Summe der gewährten Hilfen. Unternehmen sind dann geschockt und sehen sich insolvenzgefährdet. Steuerberater sind ratlos, warum die Bewilligungsstellen so agieren. Was Sie als Antragsteller*in in derartigen Fällen tun können und wie das Instrument eines Widerspruchs oder einer Klage für Sie eingesetzt werden kann – das möchten wir für Sie in diesem Beitrag erläutern. Die gute Nachricht vorab: Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung.

 

I. Welche Frist für eine etwaige Rückzahlung ist in Bescheiden geregelt - und was sagen die FAQ?

Gemäß Punkt 3.13 der FAQ des Bundes gilt hinsichtlich der Rückzahlungsfristen: Nach Erlass des Schlussbescheides bei eingereichter Schlussabrechnung beträgt die Frist zur Rückzahlung sechs Monate ab Datum des Schlussbescheides. Ferner gilt, dass bis zum Ende der Zahlungsfrist zunächst keine Verzinsung zu leisten ist. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, dass in Abstimmung mit den Bewilligungsstellen verzinste Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen von maximal 24, in Ausnahmefällen sogar 36 Monaten getroffen werden kann.

Ferner gilt: Sofern ein Missbrauch bzw. Betrug oder eine unvollständige Schlussabrechnung eingereicht wurde, so beträgt die Rückzahlungsfrist lediglich einen Monat ab Datum des Schlussbescheides. In der Praxis nehmen wir derzeit eine extensive Anwendung dieses Falls an. Viele Rückforderungsbescheide sehen nur eine Rückzahlungsfrist von einem Monat vor.

Trotz der Möglichkeit von Stundungsvereinbarungen kann eine Rückzahlung der Corona-Überbrückungshilfen jedoch nahezu existenzvernichtend wirken. Damit stellt sich für viele Antragsteller die Frage, wie derartigen Rückforderungen idealerweise entgegengetreten werden kann.

 

II. Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung

Unternehmen, die von einem potenziell rechtswidrigen Rückforderungsbescheid betroffen sind, sollten sich nicht scheuen, dagegen vorzugehen. Hierzu stehen Ihnen zwei Rechtsbehelfe zur Verfügung: Der Widerspruch und die Klage.

Ein Widerspruch ist ein Rechtsmittel, das von Antragstellern eingelegt werden kann, wenn sie mit einer Entscheidung der zuständigen Behörde bezüglich ihrer beantragten Überbrückungshilfe im Rahmen der Schlussabrechnung nicht einverstanden sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Höhe der bewilligten Hilfe als unzureichend empfunden wird oder der Antrag ganz abgelehnt wurde. Der Widerspruch dient dazu, eine erneute Prüfung und gegebenenfalls Korrektur der behördlichen Entscheidung herbeizuführen.

Um einen Widerspruch einzulegen, müssen Antragsteller innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt des Bescheids schriftlich bei der zuständigen Behörde Widerspruch einlegen. In der Regel beträgt diese Frist einen Monat. Es ist wichtig, dass der Widerspruch begründet wird, also die Gründe für die Unzufriedenheit mit der Entscheidung dargelegt werden. Hierbei kann es hilfreich sein, sich anwaltlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu erhöhen.

Während des Widerspruchsverfahrens wird die Entscheidung der Behörde erneut geprüft und gegebenenfalls korrigiert. Sollte die Behörde dem Widerspruch stattgeben, kann dies zu einer Nachzahlung oder einer höheren Überbrückungshilfe führen. Wenn die Behörde den Widerspruch jedoch ablehnt, bleibt die ursprüngliche Entscheidung bestehen.

Die Klage hingegen ist das gerichtliche Rechtsmittel, das zum Einsatz kommt, wenn der Widerspruch erfolglos bleibt oder keine Widerspruchsmöglichkeit besteht. Viele Bundesländer, darunter NRW, Hessen und Bayern – haben das Widerspruchsverfahren abgeschafft. Hier ist nur die Klage das Mittel der Wahl.

Sowohl der Widerspruch als auch die Klage können sinnvoll sein, um gegen rechtswidrige Rückforderungsbescheide vorzugehen. Sie bieten die Möglichkeit, die Entscheidung der Behörde einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls eine Korrektur herbeizuführen. In vielen Fällen kann dies dazu führen, dass die Rückforderung ganz oder teilweise entfällt oder zumindest reduziert wird.

Beide Instrumente haben eins gemein: Gemäß § 80 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung haben beide eine sogenannte "aufschiebende Wirkung". Aufschiebende Wirkung bedeutet, dass die Vollziehung des Bescheides vorläufig ausgesetzt wird bis zur Beendigung eines rechtlichen Verfahrens.

Konkret bedeutet das in der Konsequenz für Antragsteller: Erst nach (rechtskträftiger) Beendigung eines Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens müsste bei negativem Ausgang aus Antragstellersicht eine Rückzahlung erfolgen.

Wichtig: Das Widerspruchsverfahren wird nicht in jedem Bundesland durchgeführt. Ob ein Widerspruchsverfahren in Ihrem Bundesland durchgeführt wird, entnehmen Sie bei Vorliegen eines behördlichen Bescheides der Rechtsmittelbehelfsbelehrung, ansonsten dem einschlägigen Landesrecht. Im Zweifel sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen!

 

III. Aber: Wann genau würde im Falle der Widerspruchs- oder Klageerhebung eine Rückzahlung frühestens erfolgen?

Grundsätzlich gilt für Antragsteller*in, dass bis zum rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens keine Rückzahlung erfolgen muss, sondern erst im Falle einer aus Sicht des Antragstellers negativen gerichtlichen Entscheidung. Zudem können wir hier aus unserer bisherigen Mandantenpraxis berichten: Eine gerichtliche Prüfung kann sich immer dahingehend auszahlen, als dass nach einer Widerspruchs- oder Klageerhebung eine zu Beginn bestehende Rückforderung immens reduziert wurde oder gar gänzlich weggefallen ist. Wir raten Ihnen daher, sich stets rechtliche Beratung einzuholen!

 

Fazit

Unternehmen, die von rechtswidrigen Rückforderungsbescheiden für Corona-Überbrückungshilfen im Rahmen der Schlussabrechnung betroffen sind, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um sich gegen einen derartigen Bescheid rechtlich zur Wehr zu setzen. Widerspruch und Klage bieten hierfür effektive Instrumente, um die Entscheidung der Behörde einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen und gegebenenfalls eine Korrektur herbeizuführen. Die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe bietet zudem die Möglichkeit, die Vollziehung des Bescheides vorläufig auszusetzen und somit Zeit und finanziellen Spielraum zu gewinnen.

Bei komplexen Sachverhalten empfiehlt es sich, einen spezialisierten Rechtsanwalt für Verwaltungsrecht zu Rate zu ziehen. Bei Fieldfisher sind wir als Team für Überbrückungshilfen mit den besonderen Herausforderungen von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Zusammenhang mit Corona-Überbrückungshilfen vertraut und stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.


Über die Autoren  

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit 2020 schwerpunktmäßig auch in den Corona-Hilfsprogrammen des Bundes und der Länder.

Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie vertritt eine größere Zahl von Mandanten derzeit gegenüber Behörden und Förderbanken bei den Corona-Überbrückungshilfen. 


 

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