Antragsberechtigung von Selbständigen mit Teilzeitbeschäftigten bei den Überbrückungshilfen | Fieldfisher
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Antragsberechtigung von Selbständigen mit Teilzeitbeschäftigten bei den Überbrückungshilfen

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Germany

In der aktuellen Auslegung der FAQ durch die Bewilligungsstellen wird ein Unternehmer, der beispielsweise lediglich eine Aushilfe beschäftigt, der Kategorie der Soloselbstständigen zugeordnet. Dabei ist entscheidend, dass er nachweisen muss, dass mindestens 51% seiner Einkünfte aus der entsprechenden Tätigkeit stammen.

Diese Interpretation wirft jedoch die Frage auf, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen die Angestellten das Kriterium des Haupterwerbs und somit der Soloselbstständigkeit nicht erfüllen. Besonders brisant wird die Situation, wenn bei der Antragstellung davon ausgegangen wurde, dass die Beschäftigung eines Angestellten unabhängig von der Stundenzahl der Einstufung als Soloselbstständigen entgegenstünde.

Eine nähere Betrachtung dieser Problematik ist daher unerlässlich, um mögliche Unsicherheiten in Bezug auf die Antragsberechtigung zu klären.

Die FAQ der Überbrückungshilfe III regeln die Antragsberechtigung in Ziffer 1.1. Dort heißt es zunächst in Absatz 1: 

"Grundsätzlich sind Unternehmen (im folgenden jeweils Einzelunternehmen beziehungsweise Unternehmensverbünde) bis zu einem weltweiten Umsatz von 750 Millionen Euro im Jahr 2020, Soloselbständige und selbständige Angehörige der Freien Berufe im Haupterwerb aller Branchen für den Förderzeitraum Juli 2021 bis Dezember 2021 antragsberechtigt, die in einem Monat des Förderzeitraums einen coronabedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erlitten haben."

In Absatz 4 der FAQ finden "Soloselbstständige und selbstständige Angehörige" im Sinne der Überbrückungshilfen Erwähnung: 

"Als Unternehmen gilt dabei jede rechtlich selbstständige Einheit (mit eigener Rechtspersönlichkeit) unabhängig von ihrer Rechtsform, die wirtschaftlich am Markt tätig ist und zum Stichtag 29. Februar 2020 oder zum Stichtag 30. Juni 2021 zumindest eine Beschäftigte oder einen Beschäftigten (unabhängig von der Stundenanzahl) hatte (inklusive gemeinnützigen Unternehmen beziehungsweise Sozialunternehmen, Organisationen und Vereinen). Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen desselben Unternehmens gelten nicht als rechtlich selbständige Einheit. Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der Freien Berufe gelten in diesem Sinne für die Zwecke der Überbrückungshilfe III als Unternehmen mit einem Beschäftigten, wenn die selbstständige oder freiberufliche Tätigkeit im Haupterwerb ausgeübt wird. Gemeinnützige Unternehmen beziehungsweise Sozialunternehmen, Organisationen und Vereine ohne Beschäftigte können auch Ehrenamtliche (einschließlich Personen, die Vergütungen im Rahmen der Übungsleiterpauschale (§ 3 Nummer 26 EStG) oder der Ehrenamtspauschale (§ 3 Nummer 26a EStG) erhalten) als Beschäftigte zählen. Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts und Unternehmen anderer Rechtsformen ohne weitere Beschäftigte (neben den Inhaberinnen oder Inhabern) muss zumindest ein Gesellschafter im Haupterwerb für das Unternehmen tätig sein. Gleiches gilt für Ein-Personen-Gesellschaften, insbesondere Ein-Personen-GmbH und Ein-Personen-GmbH & Co. KG, deren einzige Beschäftigte beziehungsweise einziger Beschäftigter die Anteilsinhaberin oder der Anteilsinhaber als sozialversicherungsfreie Geschäftsführerin beziehungsweise sozialversicherungsfreier Geschäftsführer ist."

Ziffer 2.2 der FAQ greift das in der Definition genannte Merkmal – Ausübung einer selbstständigen oder freiberuflichen Tätigkeit im Haupterwerb – ausdrücklich noch einmal wiederholend auf: 

"Soloselbstständige und selbstständige Angehörige der Freien Berufe gelten in diesem Sinne für die Zwecke der Überbrückungshilfe III als Unternehmen mit einem Beschäftigten, wenn die selbstständige oder freiberufliche Tätigkeit im Haupterwerb ausgeübt wird."

Außerdem wird der Begriff der "Soloselbständigen" in den FAQ auch definiert als:

"Als Soloselbstständige gelten Antragstellende, die zum Stichtag 29. Februar 2020 oder zum Stichtag 31. Dezember 2020 weniger als eine Vollzeitmitarbeiterin oder einen Vollzeitmitarbeiter (ein Vollzeitäquivalent, vergleiche 2.3) beschäftigten. Voraussetzung ist, dass der überwiegende Teil der Summe der Einkünfte (das heißt mindestens 51 Prozent) aus der selbstständigen oder freiberuflichen Tätigkeit stammt. Kapitaleinkünfte zählen nicht zu den Einkünften aus selbstständiger oder freiberuflicher Tätigkeit. Bezugspunkt ist das Jahr 2019. Alternativ kann der Januar 2020 oder Februar 2020 herangezogen werden. Wurde die gewerbliche, landwirtschaftliche oder freiberufliche Tätigkeit ab dem 1. Januar 2019 aufgenommen, ist auf die Summe der Einkünfte in dem Zeitraum abzustellen, welcher der Berechnung des Referenzumsatzes zugrunde gelegt wird. Freiberuflerinnen oder Freiberufler und Soloselbstständige, die aufgrund der Elternzeit ihre Selbstständigkeit vom Haupterwerb in den Nebenerwerb umgestellt haben, sind von der Hilfe ausgeschlossen. Unternehmen mit Beschäftigten sind auch dann antragsberechtigt, wenn sie im Nebenerwerb geführt werden. Für gewerbliche Tierhalterinnen beziehungsweise Tierhalter sind im Fall des § 15 Absatz 4 Satz 1 und 2 EStG bei der Ermittlung des überwiegenden Teils der Summe der Einkünfte (das heißt mindestens 51 Prozent) aus der Tätigkeit als gewerbliche Tierhalter die Einkünfte vor Verlustvortrag maßgeblich.

Allerdings verweist Absatz 6 der FAQ darauf, dass davon abweichend bestimmte Unternehmen explizit nicht antragsberechtigt sind. Unter diese Ausschlusskriterien sind auch "Freiberuflerinnen beziehungsweise Freiberufler oder Soloselbständige im Nebenerwerb" aufgezählt. Unternehmen mit Beschäftigten sind jedoch auch dann antragsberechtigt, wenn sie im Nebenerwerb geführt werden.

Uns liegen außerdem nach erfolgreichem IFG-Antrag Unterlagen des BMWK vor. Diesen lässt sich folgendes entnehmen:

Das BMWK verwies zu der Frage der Antragsberechtigung auf die bestehenden Richtlinien, die besagen, dass Unternehmen bereits zum 29. Februar 2020 mindestens einen Mitarbeiter (unabhängig von der Arbeitszeit) beschäftigt haben müssen, um antragsberechtigt zu sein. Für Soloselbstständige gelten Sonderregelungen, sofern die Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Zudem wurde die Berechnung der Vollzeitäquivalente thematisiert, die für die Antragsberechtigung relevant sind.

In Bezug auf Soloselbstständige im Haupterwerb wurde bestätigt, dass sie als Unternehmen mit einem Beschäftigten angesehen werden können, während dies für solche im Nebenerwerb nicht zutrifft. Es wurde zudem klargestellt, dass Soloselbstständige im Nebenerwerb ohne Beschäftigte nicht antragsberechtigt sind, jedoch ändert sich dies, wenn sie unter einem Vollzeitäquivalent Beschäftigte haben.

Eine zusätzliche Grundsatzfrage drehte sich um die korrekte Kategorisierung von Soloselbstständigen mit Mitarbeitern, die weniger als ein Vollzeitäquivalent umfassen. Hier stellte das BMWK klar, dass diese nicht unter die Kategorie "sonstige" fallen und somit keine Personalkostenpauschale beanspruchen können.

Damit gilt zusammenfassend:

Ein Selbstständiger gilt er nicht als "Soloselbständiger", wenn er einen Vollzeitbeschäftigen oder mehrere Teilzeitbeschäftigte hat, die zusammen ein Vollzeitäquivalent erreichen. Aus Sicht des BMWK kommt es auf die Frage des Haupt- oder Nebenerwerbs dann nicht an.

Hat ein Selbständiger dagegen nur eine oder mehrere Aushilfen, deren Zeiten zusammengerechnet kein Vollzeitäquivalent erreichen, gilt er als "Soloselbständiger": Dann kommt es laut BMWK auf die Frage des Haupt- oder Nebenerwerbs an.

In diesen besonders gelagerten Fällen droht damit eine Rückforderung. Wir empfehlen folgendes Vorgehen:

In einem Begleitschreiben zur Schlussabrechnung sollte der Sachverhalt offengelegt werden. Es sollte darauf hingewiesen werden, dass bei Antragstellung die FAQ in dem damaligen Sinne verstanden worden sind, dass auch eine Aushilfe ausreicht und auf diese Auslegung vertraut wurde.

Daher sollte gleich argumentiert werden, dass für eine Rückforderung unter dem Gedanken des Vertrauensschutzes kein Raum ist.

Sollte es dennoch zu einer Rückforderung kommen, sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden.

 

Über die Autoren 

Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie vertritt eine größere Zahl von Mandanten derzeit gegenüber Behörden und Förderbanken bei den Corona-Überbrückungshilfen.

Joscha J. John ist Rechtsanwalt im Fieldfisher Office in Hamburg und berät in allen Fragen des öffentlichen Rechts, insbesondere im Fördermittel- und EU-Beihilferecht.

 

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