Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen bei Überbrückungshilfen: Der Weg durch das Verwaltungsgericht | Fieldfisher
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Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen bei Überbrückungshilfen: Der Weg durch das Verwaltungsgericht

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Die Corona-Pandemie hat viele Unternehmen vor große Herausforderungen gestellt. Um diese zu bewältigen, haben Bund und Länder verschiedene Hilfsprogramme aufgelegt, darunter die Corona-Überbrückungshilfen. Leider kommt es in der Praxis immer wieder zu Ablehnungen von Anträgen oder Rückforderungen bereits gewährter Überbrückungshilfen. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, sich anwaltlich beraten und vertreten zu lassen. Im Folgenden möchten wir Ihnen den Ablauf einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage vor den Verwaltungsgerichten bei Fällen der Überbrückungshilfe näher erläutern und aufzeigen, warum erfahrene Anwälte in diesem Bereich unverzichtbar sind.

 

I. Besonderheiten des Verwaltungsprozesses gegenüber dem Zivilprozess

Der Verwaltungsprozess unterscheidet sich in mehreren Punkten vom Zivilprozess. Einige der wichtigsten Unterschiede sind:
 
a) Zuständigkeit: Während im Zivilprozess die ordentlichen Gerichte zuständig sind, werden Streitigkeiten im öffentlichen Recht von den Verwaltungsgerichten entschieden.
 
b) Parteien: Im Verwaltungsprozess stehen sich in der Regel eine Behörde und ein Bürger oder ein Unternehmen gegenüber. Im Zivilprozess sind es hingegen (in der Regel) zwei Privatpersonen oder Unternehmen.
 
c) Streitgegenstand: Im Verwaltungsprozess geht es um die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten oder das Handeln von Behörden, während im Zivilprozess meist Ansprüche aus Verträgen oder deliktische Ansprüche verhandelt werden.
 
d) Amtsermittlungsgrundsatz: Im Verwaltungsprozess gilt der Grundsatz der Amtsermittlung. Das bedeutet, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufklärt und nicht – wie im Zivilprozess – auf die Darlegungen der Parteien angewiesen ist. Allerdings gibt es dazu viele Einschränkungen – bitte vertrauen Sie daher nicht darauf, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt wirklich lückenlos selbst aufklärt. Tragen Sie bitte umfassend selbst vor.
 
 

II. Wie würde sich ein Klageverfahren im Rahmen von Corona – Überbrückungshilfen gestalten – und wann ist dieses sinnvoll?


1. Was ist eine Klage im Kontext der Beantragung von Corona-Überbrückungshilfen?
Eine Klage ist ein Rechtsbehelf, mit dem ein Unternehmen gegen einen ablehnenden Bescheid der zuständigen Behörde vorgehen kann. Ziel der Klage ist es, die Behörde dazu zu veranlassen, die Ablehnung der beantragten Überbrückungshilfe zu überprüfen und gegebenenfalls eine positive Entscheidung zu treffen. Oder die Klage wendet sich gegen eine Rückforderung von Corona-Überbrückungshilfen.
 
Wenn ein Antrag auf Überbrückungshilfe abgelehnt wird oder eine Rückforderung bereits gewährter Hilfen erfolgt, kann der Betroffene hiergegen vorgehen. Dazu stehen ihm zwei Klagearten zur Verfügung (wobei in einigen, aber nicht allen, Bundesländern zuvor ein Widerspruchsverfahren zu durchlaufen ist):
 
Anfechtungsklage: Mit der Anfechtungsklage kann der Betroffene die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, beispielsweise einer Ablehnung oder Rückforderung, begehren. Voraussetzung für eine solche Klage ist, dass der Betroffene durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt wurde.
 
Verpflichtungsklage: Die Verpflichtungsklage dient dazu, eine Behörde zur Vornahme einer bestimmten Handlung zu verpflichten, etwa zur Bewilligung von Überbrückungshilfen. Diese Klageart kommt in Betracht, wenn die Behörde einen Antrag rechtswidrig abgelehnt hat oder untätig geblieben ist.
 

2. Wann ist eine Klageerhebung im Kontext der Beantragung von Corona-Überbrückungshilfen sinnvoll?
 
Eine Klageerhebung kann sinnvoll sein, wenn das Unternehmen der Meinung ist, dass die Ablehnung der Überbrückungshilfe rechtswidrig ist oder auf fehlerhaften Ermessensentscheidungen beruht. Gleiches gilt parallel für den Fall der Rückforderung.
 

3. Welche rechtlichen Konsequenzen gehen mit einer Klageerhebung einher?
 
Mit der Erhebung einer Klage gegen einen ablehnenden Bescheid entstehen zunächst Kosten für das Gerichtsverfahren und eventuell für die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Zudem besteht das Risiko, dass die Klage abgewiesen wird und das Unternehmen die Kosten des Verfahrens tragen muss.
 
Wichtig ist, dass sowohl Widerspruch als auch Klage innerhalb eines Monats nach Zugang des ablehnenden Bescheids oder, nach Durchlaufen eines Widerspruchsverfahrens, binnen eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheides erhoben werden müssen. Der Zugang beim prüfenden Dritten, also in der Regel dem Steuerberater, reicht dabei aus, um die Frist in Gang zu setzen.
 
Es ist jedoch zu betonen, dass eine Klageerhebung nicht automatisch dazu führt, dass bereits gewährte Förderungen verloren gehen. Gegen Bescheide können Widerspruch und Klage erhoben werden, soweit sie negativ sind und das Unternehmen belasten – also hinsichtlich einer Ablehnung. Der positive Teil des Bescheids bleibt in der Regel unberührt. 


4. Wie sollte ein Unternehmen vorgehen, wenn es eine Klage erwägt?
 
Wenn ein Unternehmen eine Klage gegen einen ablehnenden Bescheid erwägt, sollte es zunächst die Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid prüfen, um festzustellen, ob ein Widerspruch oder eine Klage der richtige Rechtsbehelf ist. Anschließend empfiehlt es sich, eine Rechtsanwaltskanzlei zu konsultieren, um die Erfolgsaussichten der Klage und die möglichen rechtlichen Argumente zu besprechen.

 

III. Ablauf einer Klage vor dem Verwaltungsgericht

Der Ablauf einer Klage vor dem Verwaltungsgericht gliedert sich in mehrere Phasen:
 
a) Vorverfahren: Bevor eine Klage erhoben werden kann, muss in der Regel ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden. Hierbei wird die Behörde aufgefordert, ihre Entscheidung nochmals zu überprüfen. Erst wenn der Widerspruch erfolglos bleibt, kann Klage erhoben werden. Allerdings haben viele Bundesländer, zum Beispiel Bayern oder Hessen, das Widerspruchsverfahren abgeschafft. Hier ist auf Erlass eines Ablehnungs- oder Rückforderungsbescheids gleich Klage zu erheben.
 
b) Klageerhebung: Die Klage muss schriftlich beim zuständigen Verwaltungsgericht eingereicht werden. Sie sollte die Bezeichnung des Klägers und des Beklagten, eine Beschreibung des Streitgegenstands sowie die konkreten Anträge enthalten. Rechtsanwälte und Steuerberater müssen die Klagen elektronisch erheben.
 
c) Klageverfahren: Im Klageverfahren tauschen die Parteien Schriftsätze aus und legen ihre Argumente dar. Das Gericht kann Beweise erheben, Zeugen vernehmen und Sachverständige hinzuziehen.
 
d) Entscheidung: Nach Abschluss des Verfahrens ergeht eine Entscheidung, die entweder die Aufhebung des Verwaltungsakts, die Verpflichtung der Behörde zur Vornahme einer Handlung oder die Abweisung der Klage beinhaltet. Vor dem Urteil ist eine mündliche Verhandlung notwendig; diese kann in Einzelfällen durch Verzicht der Parteien ersetzt werden. Ein Verzicht sollte jedoch nur sehr zurückhaltend ausgeübt werden, da in der mündlichen Verhandlung auf die Entscheidungsfindung des Gerichts eingewirkt werden kann.
 
 

IV. Bedeutung erfahrener Anwälte im Verwaltungsprozess

Die Vertretung durch erfahrene Anwälte im Verwaltungsprozess ist aus mehreren Gründen wichtig:
 
a) Fachliche Expertise: Verwaltungsrecht ist ein komplexes Rechtsgebiet, das fundierte Kenntnisse erfordert. Erfahrene Anwälte können die Erfolgsaussichten einer Klage besser einschätzen und die richtige Strategie entwickeln. Das gilt insbesondere im Zusammenhang mit den Überbrückungshilfen, die noch einmal eine besondere Thematik darstellen.
 
b) Verfahrenskenntnisse: Die Prozessführung vor den Verwaltungsgerichten unterliegt besonderen Regeln und Fristen. Erfahrene Anwälte kennen diese und können Fehler vermeiden, die zu einem Verlust des Rechtsschutzes führen können.
 
c) Verhandlungsgeschick: Im Verwaltungsprozess kommt es häufig auf die richtige Argumentation und das Verhandlungsgeschick an. Erfahrene Anwälte können Sie hierbei optimal vertreten und so zu einem erfolgreichen Ausgang des Verfahrens beitragen.
 
 

V. Fazit

Die anwaltliche Beratung und Vertretung bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Zusammenhang mit Corona-Überbrückungshilfen ist von großer Bedeutung. Erfahrene Anwälte können dabei unterstützen, ihre Rechte durchzusetzen und einen erfolgreichen Ausgang des Verfahrens zu erreichen.
 
Bei komplexen Sachverhalten empfiehlt es sich, erfahrene Rechtsanwälte für Verwaltungsrecht zu Rate zu ziehen. Bei Fieldfisher sind wir als Team für Überbrückungshilfen mit den besonderen Herausforderungen von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Zusammenhang mit Corona-Überbrückungshilfen vertraut und stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.
 
 
Über die Autoren     

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit 2020 schwerpunktmäßig auch in den Corona-Hilfsprogrammen des Bundes und der Länder.     

Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie vertritt eine größere Zahl von Mandanten derzeit gegenüber Behörden und Förderbanken bei den Corona-Überbrückungshilfen.          

 

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