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Insight

Verhinderte vertikale Integration: Hunter Douglas gibt Übernahme von erfal wegen wettbewerblicher Bedenken des Bundeskartellamtes auf

Lea Josten
15.04.2024

Locations

Germany

Am 11. April 2024 hat die Hunter Douglas GmbH (Hunter Douglas) die Anmeldung zum Erwerb der erfal GmbH & Co. KG (erfal) aufgrund von wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes zurückgenommen.

Nach Ansicht des Bundeskartellamtes verfügt Hunter Douglas über eine marktbeherrschende Stellung bei Systemen zur Herstellung von Produkten des innenliegenden Sonnenschutzes, insbesondere im Bereich Plissee. Es bestünden für Abnehmer keine geeigneten Ausweichalternativen, weshalb die Kunden nicht über hinreichende Möglichkeiten verfügten, die Marktmacht von Hunter Douglas und die daraus resultierenden Verhaltensspielräume wirksam zu begrenzen. Der zuvor abgegebene Zusagenvorschlag einer Veräußerung eines konzerneigenen Systemherstellers wurde von Hunter Douglas wieder zurückgenommen.

Beteiligte Unternehmen der geplanten Fusion

Hunter Douglas ist ein weltweit tätiger Hersteller von Systemen, aus denen innenliegende Sonnenschutzprodukte hergestellt werden. Die Aktivitäten umfassen in vielen Ländern, wie in der Niederlande, Großbritannien und Skandinavien, neben den Systemen und Stoffen auch Produkte des innenliegenden Sonnenschutzes als Maßware. In Deutschland hingegen vertreibt Hunter Douglas bislang lediglich Systeme und Stoffe an Hersteller von Maßware (sog. Konfektionäre). Der Vertrieb von Hunter Douglas erfolgt dabei über den Fachhandel und das Internet. Erfal ist ein mittelständischer Hersteller von Produkten für Insektenschutz sowie für innen- und außenliegenden Sonnenschutz.

Gründe der wettbewerbsrechtlichen Bedenken

Hunter Douglas ist nach Angaben des Bundeskartellamtes bereits in vielen anderen Ländern vertikal integriert. Das Bundeskartellamt sieht eine solche vertikale Integration im Rahmen der Marktbeherrschung grundsätzlich als wettbewerbsrelevanten Faktor im Markt an, weil diese unter bestimmten Bedingungen marktmachtsteigernd wirken kann. Hierdurch könne ein Unternehmen einen bevorzugten Zugang zu den Beschaffungsmärkten sowie einen überlegenen Zugang zu Absatzmärkten gegenüber seinen Wettbewerbern genießen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes sagte zu der Rücknahme der geplanten Fusion von Hunter Douglas und erfal: „Unsere bisherigen Ermittlungen haben nahegelegt, dass Hunter Douglas über eine marktbeherrschende Stellung bei 2 Systemen zur Herstellung von Produkten des innenliegenden Sonnenschutzes, insbesondere im Bereich Plissee, verfügt. Durch die Integration eines Abnehmers und Herstellers auf der nachgelagerten Marktstufe hätte Hunter Douglas Möglichkeiten und Anreize bekommen, seine sonstigen deutschen Kunden, die im Wettbewerb zu erfal stehen, schlechter zu stellen, um die eigene Marktstellung bzw. die Marktstellung von erfal, zu stärken.“

Ebenso ließ auch die durch das Bundeskartellamt durchgeführte Befragung der Markteilnehmer einen solchen Schluss zu. Nach Angaben des Bundeskartellamtes hätten sich die befragten Marktteilnehmer ganz überwiegend sehr kritisch zu dem Vorhaben geäußert. Die Ermittlungen des Bundeskartellamtes hätten gezeigt, dass Hersteller von Maßwaren in Deutschland ihre Systeme fast ausnahmslos von Hunter Douglas beziehen und Angebote von anderen Anbietern keine geeigneten Ausweichalternativen darstellten. Da ein Wechsel zu einem anderen Lieferanten entsprechend schwierig sei, verfügten die Kunden nicht über hinreichende Möglichkeiten, die Marktmacht von Hunter Douglas und die daraus resultierenden Verhaltensspielräume wirksam zu begrenzen.

Das Bundeskartellamt hatte den Unternehmen im Oktober 2023 seine wettbewerblichen Bedenken mitgeteilt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Nachdem Hunter Douglas zwischenzeitlich vorgeschlagen hatte, den wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes durch eine Veräußerung eines konzerneigenen Systemherstellers zu begegnen, wurde der entsprechende Zusagenvorschlag aber Ende März von dem Unternehmen wieder zurückgenommen.

Kommentar

Das Bundeskartellamt achtet vermehrt auf vertikale Effekte bei Zusammenschlüssen. Hierzu untersagte es beispielsweise den Zusammenschluss von CTS Eventim und Four Artists Booking Agentur GmbH, weil es aus der Sicht des Bundeskartellamtes durch die vertikale Integration zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von CTS Eventim käme. Zudem untersagte es die geplanten Fusion von der REMONDIS SE & Co. KG und der DSD – Duales System Holding GmbH & Co. KG. Die vertikale Integration des führenden dualen Systems DSD und des in der operativen Entsorgung von Verkaufsverpackungen in Deutschland führenden Unternehmens Remondis hätte hiernach zu einer erheblichen Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt für duale Systeme geführt.

Pressemitteilung des Bundeskartellamtes

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Spezialgebiete

Kartellrecht