OLG Düsseldorf entscheidet zum Süßwarenkartell: Bußgeldreduzierungen wegen maßgeblichen Compliance-Maßnahmen, Verhandlungsmacht der Gegenseite und rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung | Fieldfisher
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OLG Düsseldorf entscheidet zum Süßwarenkartell: Bußgeldreduzierungen wegen maßgeblichen Compliance-Maßnahmen, Verhandlungsmacht der Gegenseite und rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung

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Germany

Am 19. Dezember 2023 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Unternehmen des Kartells "Konditionenvereinigung" (auch bekannt als "Süßwaren-Kartell" oder "Keks-Kartell") wegen eines kartellrechtswidrigen Informationsaustausches zu erheblich reduzierten Geldbußen verurteilt. Die neuen Bußgelder betragen 3,56 Millionen Euro für Bahlsen, 2,25 Millionen Euro für Griesson de Beukelaer und 450.000 Euro für CFP Brands Süsswarenhandel.

Damit geht ein langwieriger Rechtsstreit zwischen dem Bundeskartellamt und den Unternehmen wohl zu Ende, über den schon der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte.

Das Süßwaren-Kartell

Die Unternehmen hatten sich unter anderem im Rahmen des Arbeitskreises Konditionenvereinigung e.V. des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. im Zeitraum 2006 bis 2008 über den Stand von Verhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel ausgetauscht. Hieran waren elf Unternehmen beteiligt, weshalb das Bundeskartellamt im Januar 2013 Bußgelder in einer Gesamthöhe von 60 Millionen Euro verhängte. Eingeleitet wurde das Kartellverfahren nach einem Kronzeugenantrag der Mars GmbH, weshalb das Bundeskartellamt im Februar 2008 branchenweit Durchsuchungen geführt hatte. Auf den Informationsaustausch im Arbeitskreis Konditionenvereinigung e.V. entfielen Bußgelder in Höhe von 19,6 Millionen Euro. Mehrere Unternehmen, so auch Bahlsen ("Leibniz Butterkeks"), Griesson de Beukelaer ("Prinzen Rolle") und CFP Brands ("Ricola"), legten gegen die Bußgelder Einspruch ein. Im Jahre 2017 bestätigte das Oberlandesgericht Düsseldorf diese Bußgelder bzw. erhöhte sie teilweise sogar auf insgesamt rund 21 Millionen Euro. Nach einem daraufhin erfolgreichen Gang vor den Bundesgerichtshof hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf nun erneut über die Bußgelder dieser letzten drei betroffenen Unternehmen zu entscheiden.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf

Das Oberlandesgericht stellte fest, dass zwischen den Kartellanten ein Informationsaustausch in den gemeinsamen Sitzungen des Arbeitskreises Konditionenvereinigung e.V. erfolgte. Allerdings wurde der Vorwurf darauf beschränkt, dass sich die Unternehmen (nur) über den Stand von Konditionenverhandlungen bei Jahresgesprächen und Sonderforderungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel bezüglich Markenprodukten ausgetauscht hatten. Zudem wurde für Bahlsen und Griesson de Beukelaer der Tatvorwurf auf den Zeitraum vom 01. Januar 2006 bis zum 23. Januar 2008 beschränkt. Für CFP Brands war von vornherein nur der Zeitraum des 12. September 2006 bis zum 23. Januar 2008 maßgeblich.

Die Höhe der Bußgelder ergab sich nun aufgrund der Berücksichtigung einer Vielzahl von Umständen. Neben der Höhe des tatbezogenen Umsatzes sei nach Ansicht des Senats erheblich bußgeldmildernd gewesen, dass vorgeworfene Verstoß von geringerer kartellrechtswidriger Bedeutung gewesen sei und der Lebensmitteleinzelhandel gegenüber den Herstellern über eine starke Marktmacht verfügte. Hinzukommend wirke sich die Verständigung mit den Nebenbetroffenen des Kartells erheblich mildernd aus, dass eine Beschränkung der Einsprüche auf den Rechtsfolgenausspruch erfolge. Zudem hätten die Angaben der Unternehmen zu ihren Verhältnissen zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens beigetragen. Ebenfalls wurde das Ergreifen von maßgeblichen Compliance-Maßnahmen in den vergangenen Jahren berücksichtigt.

Darüber hinaus nahm der Senat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung an, weil durch die Coronapandemie und andere Kartellverfahren, unter anderem eine nachträgliche Vervollständigung der Ermittlungsakten durch das Bundeskartellamt erfolgte. Diese Verfahrensverzögerung sei im Rahmen der sogenannten Vollstreckungslösung zu kompensieren. Anhand dieser wird ein bezifferter Teil der Strafe als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer für vollstreckt erklärt.  Im vorliegenden Verfahren urteilte der Senat, dass ein Betrag in Höhe von jeweils 25% der verhängten Geldbuße als vollstreckt angesehen wird. Daher reduzierte sich der Betrag bei Bahlsen von 4,75 Millionen Euro auf 3,56 Millionen Euro, bei Griesson de Beukelaer von 3 Millionen Euro auf 2,25 Millionen Euro und bei CFP Brands von 600.000 Euro auf 450.000 Euro.

Das Verfahren endet nach nur vier Verhandlungstagen und damit deutlich früher als geplant. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, allerdings ist es aufgrund der Vorab-Verständigung zwischen den Unternehmen und dem Gericht unwahrscheinlich, dass Rechtsmittel eingelegt werden. Die Verständigung hatte sich mit Verfahrensbeginn Mitte November bei Griesson de Beukelaer und CFP Brands abgezeichnet. Das Gericht kündigte daher an, das Verfahren für Bahlsen abzutrennen. In der Folge konnte jedoch in weiteren Gesprächen mit Bahlsen zum Schluss eine Einigung erzielt werden. 

Link zur Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Düsseldorf

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