November- und Dezemberhilfe: Es kommt auf den Zeitpunkt der Betroffenheit an | Fieldfisher
Skip to main content
Insight

November- und Dezemberhilfe: Es kommt auf den Zeitpunkt der Betroffenheit an

Locations

Germany

Mit diesem Rechtsupdate möchten wir Unternehmen sowie Steuerberater:innen über die von uns beobachteten Rechtsentwicklungen bei den Corona-Sofort- und Überbrückungshilfen informieren. Die Zahl der Ablehnungen auf Überbrückungshilfen haben sich deutlich erhöht, sodass ein gesteigertes Interesse an den Gründen für diese Umstände besteht. Schließlich sind viele Unternehmen auf entsprechende Fördersummen angewiesen. Damit Sie auf dem aktuellen Stand bleiben, fassen wir Ihnen wöchentlich eine wichtige Entscheidung zu diesem Thema zusammen, sodass aktuelle Rechtsentwicklungen verfolgbar bleiben.


VG Gießen (4. Kammer): Antrag abgelehnt (VG Gießen (4. Kammer), Urteil vom 29.08.2022 – 4 K 1659/21)

 

Sachverhalt:

Vorliegend beantragte die Klägerin die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der außerordentlichen Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 (sog. Dezemberhilfe). Nach Erlass eines Bescheides, der vorläufig und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, wurde das Begehren der Klägerin abgelehnt und eine Rückzahlung der festgesetzten vorläufigen Teilauszahlung beschieden. Grund sei eine mangelnde direkte Betroffenheit bei der Antragstellerin. Direkt betroffen in diesem Sinne seine nur diejenigen Unternehmen, die aufgrund einer auf der Basis des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 ergangenen Schließungsverordnung ihren Geschäftsbetrieb hätten einstellen müssen, nicht dagegen diejenigen Unternehmen - wie das der Klägerin -, die ihren Geschäftsbetrieb erst aufgrund späterer Beschlüsse hätten einstellen müssen. Nach erfolglos eingelegtem Widerspruch erhob die Klägerin Klage.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. In der Sache formulierte die Kammer unter Anwendung der Maßstäbe der ständigen Rechtsprechung, dass im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe kein gebundener Anspruch auf Gewährung der Überbrückungshilfe bestehe, sondern lediglich ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht. Es handelt sich bei den Corona-Förderrichtlinien nicht um einen Rechtssatz mit Außenwirkung, sondern um eine ermessenslenkende interne Verwaltungsvorschrift. Im Ergebnis besteht aus Sicht des Antragstellers daher stets ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen der Verwaltungspraxis, der sich wiederum aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung ergibt.

Ferner war die Klägerin nicht antragsberechtigt. Gemäß dieser Vorgaben sind antragsberechtigt für die Gewährung einer "Dezemberhilfe", die aufgrund der auf Grundlage des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 erlassenen Schließungsverordnungen der Länder den Geschäftsbetrieb bereits im November einstellen mussten und auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 25. November 2020 und vom 2. Dezember 2020 auch im Dezember noch von diesen Schließungen betroffen waren („direkt Betroffene“) oder aber solche Unternehmen und Soloselbständige, die nachweislich und regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze mit direkt Betroffenen im vorbeschriebenen Sinne erzielen („indirekt Betroffene“). Zu der Gruppe der direkt Betroffenen im Dezember 2020 gehören dagegen ausweislich von Nr. 1.1 der FAQ nicht solche Branchen und Einrichtungen, die von Schließungen betroffen waren, die erst aufgrund späterer Beschlüsse (z. B. der Bund-Länder-Beschluss vom 13. Dezember 2020) ergingen.

Da die Klägerin den Betrieb allerdings erst aufgrund eines solchen späteren, des erst am 13. Dezember 2020 ergangenen Bund-Länder-Beschlusses, schließen musste, waren die Voraussetzungen einer Förderungsberechtigung für die Dezemberhilfe in ihrer Person schon nicht erfüllt.

Hinsichtlich der Rücknahme der zunächst ergangenen vorläufigen Teilbewilligung gilt, dass die Klägerin sich nicht auf Vertrauensschutz gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG nicht berufen könne, da sie den ursprünglichen Bewilligungsbescheid durch unrichtige Angaben hinsichtlich der direkten Betroffenheit erwirkt hatte und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Auch sind für die Ermessensentscheidung über die Rücknahme rechtswidriger Subventionsbescheide regelmäßig die Grundsätze der sog. intendierten Ermessensausübung zugrunde zu legen. Danach sind rechtswidrige Subventionsbescheide grundsätzlich – basierend auf in den Haushaltsordnungen verankerten Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit - zurückzunehmen, wenn nicht ausnahmsweise atypische Sachverhalte vorliegen. Für einen solchen Ausnahmefall war vorliegend nichts ersichtlich.

 

Zusammenfassung:

  • Anspruchsberechtigt im Rahmen der Dezember-Hilfe sind lediglich solche, die auf Grundlage des Beschlusses von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 den Geschäftsbetrieb bereits im November einstellen mussten und auf Grundlage der Beschlüsse von Bund und Ländern vom 25. November 2020 und vom 2. Dezember 2020 auch im Dezember noch von diesen Schließungen betroffen waren („direkt Betroffene“) oder aber solche Unternehmen und Soloselbständige, die nachweislich und regelmäßig mindestens 80% ihrer Umsätze mit direkt Betroffenen im vorbeschriebenen Sinne erzielen („indirekt Betroffene“). Danach ergangene Bund-Länder-Beschlüsse sind unerheblich. So zumindest das VG Gießen. Ob dies auch letztinstanzlich durch das BVerwG geteilt wird, bleibt abzuwarten.
  • Ein Antragsteller kann sich bezüglich derartiger Angaben nicht auf den Vertrauensschutz gem. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 VwVfG beurfen.
  • Rechtswidrig ergangene Subventionsbescheide sind aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit grundsätzlich zurückzunehmen, sog. intendiertes Ermessen. Ausnahmen bilden atypische Fallkonstellationen.
 

Wenn Sie Unterstützung im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen zu einem negativen Bescheid benötigen, melden Sie sich gerne bei uns.  
 
Wir helfen Ihnen auch kurzfristig.          
 

Über die Autoren

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät seit mehreren Jahren auch im Fördermittelrecht.          
 
Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Zuwendungsempfänger bei der Antragstellung und Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber sowie bei der Dokumentation und dem Berichtswesen. Sie berät zudem zu zuwendungsrechtlichen Einzelfragen sowie zu begleitenden beihilferechtlichen und vergaberechtlichen Aspekten. Zu ihren Mandanten gehören Unternehmen in Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozessen, Ministerien und Behörden, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

 

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Klicken Sie hier, um den Newsletter zu abonnieren oder Ihre E-Mail-Einstellungen zu verwalten.

ABONNIEREN