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Kartellvergleichsverfahren: EU-Kommission verhängt Geldbußen in Höhe von 157 Mio. Euro gegen Styrol-Einkäufer

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Germany

Die Europäische Kommission hat am 29.11.2022 gegen fünf Chemieunternehmen – Sunpor, Synbra, Synthomer, Synthos und Trinseo - Geldbußen in Höhe von insgesamt 157 Millionen Euro wegen der Beteiligung an einem Einkaufskartell auf dem Handelsmarkt für Styrolmonomer verhängt.
 
Die Kommission setzte Geldbußen in Höhe von 43 Millionen Euro für Synthomer (SYNTS.L), 32,6 Millionen Euro für Trinseo (TSE.N), 32,5 Millionen Euro für Synthos, 31,7 Millionen Euro für Sunpor und 17,2 Millionen Euro für Synbra fest.

Gegen ein sechstes Unternehmen, Ineos, das ebenfalls an dem Kartell beteiligt war, wurde keine Geldbuße verhängt, da dieses das Kartell gegenüber der Kommission aufgedeckt hat. Alle Unternehmen räumten ihre Beteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu.

Bei dem Produkt, das Gegenstand des Kartells ist, handelt es sich um Styrol, ein chemisches Produkt, das als wichtiger Rohstoff für viele andere Chemikalien wie Kunststoffe, Harze, Gummi und Latex dient.

 

Begründung der Entscheidung

Die Kommission erklärte, die Unternehmen hätten sich abgesprochen, um den Referenzpreis für Styrol (Styrene Monthly Contract Price – SMCP) zwischen Mai 2012 und Juni 2018 zu senken und somit zu einem niedrigen Preis einkaufen zu können.

Dieser Referenzpreis wird von dem Preisinformationsdienst ICIS (Independent Commodity Intelligence Services) veröffentlicht und aufgrund der Unbeständigkeit der Styrolpreise in der Industrie oft in Lieferverträgen verwendet, um das Risiko von Preisschwankungen zu verringern.

Insbesondere hätten die Unternehmen ihre Preisverhandlungsstrategien vor und während der bilateralen SMCP-Verhandlungen mit den Styrolverkäufern koordiniert, um den SMCP zu ihrem Vorteil zu beeinflussen.
Diese Vorgehensweise verzerrt den Wettbewerb, der auf individuellen Entscheidungen der Marktteilnehmer beruhen sollte und ist daher nach den EU-Wettbewerbsvorschriften verboten.

 

Hintergrund

Die Europäische Kommission hat im Juni 2008 ein Vergleichsverfahren für Kartelle eingeführt, wodurch Kartellsachen mit Hilfe eines vereinfachten Verfahrens behandelt werden können. Die Parteien können sich dabei nach Einsichtnahme in die Akte dafür entscheiden, ihre Beteiligung an einem Kartell einzuräumen und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Im Gegenzug dazu kann die Kommission die verhängte Geldbuße um 10 Prozent reduzieren.

Zudem besteht für Unternehmen die Möglichkeit, ihre Beteiligung an einem Kartell offenzulegen und als Kronzeuge mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Dadurch kann eine Geldbuße vollständig oder teilweise erlassen werden.

 

Kommentar

Die EU-Kartellvorschriften verbieten nicht nur Kartelle im Zusammenhang mit der Koordinierung von Verkaufspreisen, sondern sanktionieren auch unzulässige Koordinierungen in Bezug auf die Einkaufspreise. Insoweit ist zwischen – bis zu Marktanteilen von 15% im Grundsatz zulässigen – Einkaufskooperationen und verbotenen Einkaufskartellen zu unterschieden. Während der echte gemeinsame Einkauf im Rahmen von Einkaufskooperationen gemeinsame Verhandlungen und den Abschluss von gemeinsamen Vereinbarungen mit der Anbieterseite beinhaltet, finden in Einkaufskartellen Verhandlungen und Vertragsabschlüsse typischerweise individuell zwischen Anbieter und Abnehmer statt, während die Abnehmer sich untereinander z.B. durch Austausch über den Stand entsprechender Verhandlungen mit den Anbietern koordinieren.

Einkaufskartelle sind zwar nicht die gängigste Art von Kartellen, das damit verbundene Ausschalten von Wettbewerb schadet aber ebenso wie die Koordinierung von Verkaufspreisen der Gesamtwirtschaft.
Bei Fragen rund um das Thema wenden Sie sich gerne an Dr. Christian Bahr oder an das Team von Fieldfisher.

 

Links

Kartellrecht: Kommission verhängt Geldbußen in Höhe von 157 Mio. EUR (europa.eu)
 

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