Grenzüberschreitender Onlinehandel: Europäische Kommission verhängt Bußgeld gegen Guess in Höhe von EUR 40 Mio. | Fieldfisher
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Publication

Grenzüberschreitender Onlinehandel: Europäische Kommission verhängt Bußgeld gegen Guess in Höhe von EUR 40 Mio.

18.12.2018

Locations

Germany

Am 17. Dezember 2018 hat die Europäische Kommission ein Bußgeld gegen das Bekleidungsunternehmen Guess in Höhe von rund EUR 40 Mio. wegen kartellrechtswidriger Gestaltung seines selektiven Vertriebssystems verhängt, nachdem Guess seinen zugelassenen Vertriebshändlern untersagt hatte, online Werbung an Verbraucher anderer Mitgliedstaaten zu richten oder an diese online zu verkaufen (sog. "Geoblocking").

Guess stellt unter anderem unter den Markennamen "GUESS?" und "MARCIANO" Bekleidung her und vertreibt diese im gesamten EWR-Raum innerhalb eines selektiven Vertriebssystems. Guess wählt Händler auf Grundlage von bestimmten Qualitätsmerkmalen aus. Bereits im Juni 2017 hatte die Europäische Kommission in Folge der Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel ein Verfahren zur kartellrechtlichen Prüfung der von Guess verwendeten Vertriebsverträge und –praktiken eingeleitet. Wegen seiner umfassenden Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission in diesem Verfahren wurde Guess eine Bußgeldreduktion in Höhe von 50 % gewährt.

Im Ergebnis stellte die Kommission eine Reihe von Regelungen fest, die es Guess ermöglichten, die europäischen Märkte voneinander abzuschotten. Im Einzelnen beanstandete die Kommission:

  • Das Verbot an Einzelhändler, Markennamen und Warenzeichen von Guess für Werbung auf Online-Suchmaschinen zu verwenden

  • Kein Online-Verkauf ohne die vorherige ausdrückliche Zustimmung von Guess, wobei Guess ein uneingeschränkter Ermessensspielraum zukam, der nicht auf objektiven Qualitätskriterien basierte

  • Das Verbot, an Verbraucher außerhalb der zugewiesenen Händlergebiete zu verkaufen

  • Das Verbot von Querverkäufen zwischen zugelassenen Großhändlern und Einzelhändlern

  • Das Verbot, Einzelhandelspreise für Guess-Produkte unabhängig festzusetzen

Die Kommission konnte feststellen, dass Einzelhandelspreise in Mittel- und Osteuropa im Durchschnitt 5 bis 10 % über dem westeuropäischen Niveau liegen. Guess hatte die Verwendung der beanstandeten Klauseln bereits während des Verfahrens zum 31. Oktober 2017 eingestellt.

Hinweis für die Praxis

Die Kartellbehörden gehen weiter gegen Beschränkungen des Onlinehandels vor. Soweit die Europäische Kommission auch zum Verbot an Einzelhändler, Markennamen und Warenzeichen für Werbung auf Online Suchmaschinen zu verwenden, entschied, bestätigt dies die bisherige Linie des Bundeskartellamtes auch auf europäischer Ebene. Die Frage der Verwendung von Markenzeichen war bereits 2015 in etwas abweichender Form Gegenstand der ASICS Entscheidung des Bundeskartellamtes. Das Bundeskartellamt hatte dann auch ein solches Verbot kritisiert, da es die Werbung mit Markennamen und Warenzeichen außerhalb der eigenen Homepage unmöglich machte (BKartA, Beschluss vom 26.08.2015, B2 – 98/11).

In eine ähnliche Richtung wie der gestrige Beschluss der Europäischen Kommission zielt auch die am 3. Dezember 2018 in Kraft getretenen Verordnung (EU) 2018/302 ("Geoblocking-Verordnung"), deren von der Kommission erklärtes Ziel ebenfalls die Stärkung des Online-Handels ist. Die Geo-Blocking Verordnung soll es Verbrauchern aus der EU ermöglichen, unabhängig von Staatsangehörigkeit, Wohnort oder Ort der Niederlassung Waren und Dienstleistungen von Händlern aus anderen Ländern der EU zu erwerben und damit den Europäischen Binnenmarkt stärken. Insbesondere die Beantwortung nicht angeforderter Kundenanfragen aus anderen Mitgliedstaaten ("passiver Verkauf") darf nicht untersagt werden, soweit bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Die von der Kommission beanstandeten Verhaltensweisen von Guess in Hinblick auf die Beschränkung des passiven Verkaufs wären daher mittlerweile auch nach der Geoblocking-Verordnung unzulässig.

 

Links

Pressemitteilung Europäische Kommission, 17.12.2018

Verordnung (EU) 2018/302 "Geoblocking-Verordnung" (Lesen Sie hier eine Einschätzung unserer Kolleginnen Sara Bandehzadeh und Anke Saßmannshausen (geb. Röschenkemper) zur Geoblocking-Verordnung)

Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel 2017

BKartA, Beschluss vom 26.08.2015, B2 – 98/11 - Asics

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Kartellrecht