Bundeskartellamt: Stahlhersteller verhängen Rekordstrafe von rund 646 Mio. EUR wegen Vereinbarung von Zuschlägen und Informationsaustausch | Fieldfisher
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Bundeskartellamt: Stahlhersteller verhängen Rekordstrafe von rund 646 Mio. EUR wegen Vereinbarung von Zuschlägen und Informationsaustausch

16.12.2019

Locations

Germany

Gegen die Unternehmen Ilsenburger Grobblech GmbH (zum Salzgitter-Konzern gehörend), thyssenkrupp Steel Europe AG und die österreichische voestalpine Grobblech GmbH sowie gegen drei Verantwortliche hat das Bundeskartellamt (BKartA) eine Geldbuße von insgesamt rund 646 Mio. EUR verhängt. Die Unternehmen haben rund 14 Jahre lang bestimmte Zuschläge und Aufpreise für so genannte Quartobleche in Deutschland ausgetauscht und vereinbart. Quartobleche sind warmgewalzte Flachstahlprodukte, die insbesondere im Stahlbau, Brückenbau, Hochbau, Schiffbau, Kessel- und Druckbehälterbau, im allgemeinen Maschinenbau, im Windturm- und Rohrleitungsbau sowie in der Offshore-Industrie eingesetzt werden.
 
Der Verstoß
 
Der Preis für Quartobleche setzte sich in Deutschland nach Angaben des Bundesamtes für Arbeit traditionell aus zwei Komponenten zusammen: dem individuell ausgehandelten Grundpreis und verschiedenen Preisaufschlägen und Zuschlägen. Zuschläge und Aufschläge machten 20-25% des Gesamtpreises aus und wurden über Preislisten veröffentlicht. In den ersten sechs Jahren haben sich die Unternehmen in regelmäßigen Sitzungen innerhalb eines Verbandes über Preiszuschläge und -zuschläge geeinigt. Das vereinbarte Modell war die Grundlage für die Berechnung dieser Preiskomponenten und deren koordinierte Übernahme von dort aus bis Ende Juni 2016.
 
Die Geldbuße
 
Die Dillinger Hüttenwerke waren das erste Unternehmen, das mit dem Bundesamt für Arbeit zusammenarbeitete und erhielten daher einen Erlass der Geldbuße im Rahmen der Kronzeugenregelung des Bundesamtes für Arbeit. Das Eingeständnis zu den Vorwürfen des BKartA und die Zustimmung zum Vergleich aller Unternehmen sowie die Kooperation der voestalpine Grobblech GmbH beeinflussten die Bußgeldberechnung. Die voestalpine bestätigte, dass sie der Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 65,5 Mio. EUR zugestimmt hat.
 
Die Bußgeldbescheide können beim Oberlandesgericht Düsseldorf angefochten werden. Sollten die Bußgeldbescheide rechtskräftig werden, werden sie zu einer der höchsten jemals vom BKartA verhängten Bußgelder führen und nahezu das Doppelte der im Jahr 2018 verhängten Gesamtstrafen (376 Mio. EUR) betragen.
 
Kommentar
 
Unternehmen und Verbände überprüfen derzeit ihre Praxis hinsichtlich der Preiskomponenten und insbesondere der Zuschläge, da dies nicht die erste Entscheidung in Bezug auf die Zuschläge war. Die Entscheidung fügt sich in eine Reihe von Aktivitäten des BKartA in den letzten Jahren ein, in denen die Stahlindustrie regelmäßig die Aufmerksamkeit des BKartA auf sich gezogen hat und Gegenstand verschiedener Untersuchungen war. Erst im November hat das BKartA die Automobilhersteller BMW, Daimler und VW wegen wettbewerbswidriger Praktiken beim Stahleinkauf mit Bußgeldern belegt. Im Jahr 2018 verhängte das BKartA erste Bußgelder in Höhe von insgesamt ca. 205 Mio. EUR gegen Unternehmen der Edelstahlbranche. Im selben Jahr hat ein Stahlverband in Zusammenarbeit mit dem BKartA seine Struktur und Tätigkeit neu ausgerichtet.
 
Links:
 
Deutsche Pressemitteilung des BKartA
 
Englische Pressemitteilung des FCO
 
Deutsche Pressemitteilung der voestalpine

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Kartellrecht