Bundeskartellamt: Vertikale Preisbindung und Nutzung neuer Ermittlungsbefugnisse | Fieldfisher
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Insight

Bundeskartellamt: Vertikale Preisbindung und Nutzung neuer Ermittlungsbefugnisse

Locations

Germany

Das Bundeskartellamt (BKartA) hat am 19.02.2024 ein Bußgeld in Höhe von 783.900 EUR wegen vertikaler Preisbindung gegen die Pfanner Schutzbekleidung GmBH mit Sitz in Koblach (Österreich) verhängt (Az. B10-21/21). Die Untersuchung wurde durch den Kooperationsantrag eines Händlers ausgelöst. Das BKartA hat zu Beginn einen Auskunftsbeschluss nach § 82b GWB erlassen. Diese Ermittlungsbefugnis hat das BKartA erst seit der 10. GWB-Novelle (Anfang 2021).

Gang des Verfahrens und Hintergrund

Das Verfahren begann zunächst mit einem Kooperationsantrag eines betroffenen Fachhändlers. Zur weiteren Sachverhaltsermittlung erging dann ein Auskunftsbeschluss des BKartA nach § 82b Abs. 1 GWB gegen Pfanner.

Durch § 82b GWB ist es dem BKartA nun möglich, auch im kartellrechtlichen Ermittlungsverfahren ein Auskunftsverlangen zu stellen. Zuvor war diese Möglichkeit lediglich im Kartellverwaltungsverfahren im Rahmen der §§ 54 ff. GWB gegeben, was z.B. Abstellungsverfügungen oder einstweilige Verfügungen betrifft – nicht aber die hier einschlägigen möglichen Hardcore-Verstöße, die als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Fragen des Amts erreicht seine Grenze erst bei einem Geständnis. Der Umfang dieser neue Ermittlungsmaßnahme ist somit sehr weitreichend.

Hier konnte das Amt also ohne eine Durchsuchung die nötigen Informationen und Beweismittel von Pfanner selbst erhalten. Pfanner hat einem Settlement zugestimmt, was bußgeldmindernd berücksichtigt wurde. Bebußt wurde nur Pfanner selbst, nicht hingegen die betreffenden Fachhändler und ein Schwesterunternehmen Pfanners, das ebenfalls für den Vertrieb der Schutzkleidung zuständig war. Der Bußgeldbescheid ist bereits rechtskräftig.

Inhalt der Entscheidung

Pfanner vertreibt in Deutschland über Fachhändler hochpreisige und -wertige Schutz- und Funktionskleidung, wie Hosen, Jacken und Schutzschuhe sowie Helme und Zubehör (beispielsweise Gehörschutz, Schutzbrillen und Visiere). Gegenstand des Verfahrens ist eine Einigung Pfanners mit den Fachhändlern, wonach die Wiederverkaufspreise der Fachhändler den unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) Pfanners im Wesentlichen entsprechen. Diese Vereinbarung wurde im Zeitraum vom Anfang 2016 bis Ende November 2021 praktiziert.

Die Händler wurden von Pfanner explizit darauf hingewiesen, dass "kein Preisdumping erlaubt" sei. Es kam vor, dass Händler günstigere Angebote von Konkurrenten fanden und dies an Pfanner meldete, so dass Pfanner wiederum entsprechend bei den betreffenden Händlern intervenierte.

Die Endverkaufspreise der Händler wurden durch Pfanner im Rahmen eines Monitorings erfasst. Pfanner führte auch Testkäufe durch bei Subhändlern, um anhand der Seriennummern herauszufinden, von welchem Zwischenhändler diese Produkte erworben wurden. Der betreffende Zwischenhändler wurde sodann ermahnt und beauftragt, bei dem Subhändler auf Einhaltung der UVP hinzuwirken. Bei Zuwiderhandlungen der Händler kam es durch Pfanner zu Drohungen sowie Sanktionen wie Belieferungsstopps bis hin zur Beendigung der Lieferbeziehung.

Kommentar

Das BKartA geht weiter aktiv vor gegen jede Form der illegalen Preisbindung einschließlich der Durchsetzung von UVPs. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Informationsaustausch mit Händlern im Dualen Vertrieb compliant verläuft. Die Kommission hat sich in den überarbeiteten Vertikal- Leitlinien erstmals dazu geäußert, welche Informationen im Dualen Vertrieb zwischen dem Anbieter und Abnehmer nicht ausgetauscht werden dürfen.

Link:

Entscheidung BKartA, Az. B10-21/21 vom 19.02.2024

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Spezialgebiete

Kartellrecht