Bundeskartellamt mahnt Googles Konditionen zur Datenverarbeitung ab | Fieldfisher
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Insight

Bundeskartellamt mahnt Googles Konditionen zur Datenverarbeitung ab

20.01.2023

Locations

Germany

Nach dem jetzigen Verfahrensstand geht das Bundeskartellamt (BKartA) davon aus, dass der Google-Konzern Alphabet seinen Nutzern mehr Wahlmöglichkeiten bei der Verarbeitung ihrer Daten einräumen muss. Auf Grundlage der aktuell geltenden Konditionen hätten Google-Nutzerinnen und Nutzer keine ausreichende Wahl, ob und inwieweit sie mit der weitreichenden dienstübergreifenden Verarbeitung ihrer Daten einverstanden sind, so die Einschätzung des BKartA. Diese Entscheidung des BKartA stellt einen weiteren Schritt im Rahmen der Anwendung des §19a GWB gegenüber den sog. GAFA dar (zu weiteren Verfahren, beispielsweise gegen Meta und Amazon vgl. hier und hier).

 

Hintergrund

Das BKartA führt gegen Google ein Verwaltungsverfahren. Im Rahmen dieses Verfahrens übersandte das BKartA am 23. Dezember 2022 Alphabet Inc., Mountain View, USA, Google Ireland Ltd., Dublin, Irland, und Google Germany GmbH, Hamburg, seine vorläufige rechtliche Einschätzung in Bezug auf Googles Konditionen zur Datenverarbeitung.

Die aktuell geltenden Konditionen ermöglichen es Google, eine Vielzahl von Daten aus verschiedensten Diensten zu kombinieren und damit detaillierte Profile über Verbraucherinnen und Verbraucher anzulegen. Diese Daten kann das Unternehmen dann unter anderem für Werbung nutzen. Die Konditionen sehen vor, dass Google mithilfe seiner eigenen Dienste, aber auch mithilfe von zahlreichen Webseiten und Apps Dritter, Daten für verschiedenste Zwecke erheben und dienstübergreifend verarbeiten kann.

Aufgrund der Abmahnung besteht für das Unternehmen nun die Möglichkeit, zur vorläufigen Einschätzung des BKartA Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen.
Google erklärte, Ziel des Unternehmens sei es stets, Produkte anzubieten, bei denen die Nutzer an erster Stelle stünden und die die Anforderungen der Aufsichtsbehörden erfüllten. "Unserer Verantwortung kommen wir unter anderem dadurch nach, dass wir unsere Dienste kontinuierlich anpassen. Wir werden uns weiterhin konstruktiv mit dem BKartA austauschen und versuchen, die Bedenken auszuräumen."

 

Begründung der Einschätzung

Das BKartA geht davon aus, dass die neuen Vorschriften für Digitalkonzerne (§ 19a GWB) einschlägig sind und Google deshalb seine Datenverarbeitungskonditionen und die darauf gestützte Praxis anpassen muss.
Im Dezember 2021 stellte die Behörde fest, dass Google nach § 19a GWB eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat und daher die Möglichkeit besteht, bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken des Unternehmens zu untersagen.

Andreas Mundt, Präsident des BKartA sagte dazu: „Das Geschäftsmodell von Google baut ganz grundlegend auf der Verarbeitung von Nutzerdaten auf. Google hat hier einen strategischen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen aufgrund des etablierten Zugangs zu relevanten Daten aus einer sehr großen Zahl an verschiedenen Diensten. Google muss sich an den Anforderungen der neuen Wettbewerbsvorschriften für Digitalkonzerne messen lassen. Das Unternehmen muss den Nutzerinnen und Nutzern ausreichende Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Verarbeitung ihrer Daten einräumen.“

Die bislang angebotenen Wahlmöglichkeiten seien insbesondere zu intransparent und pauschal, soweit Google überhaupt Wahlmöglichkeiten anbiete. Ausreichende Wahlmöglichkeiten würden unter anderem voraussetzen, dass Nutzerinnen und Nutzer die Datenverarbeitung auf den jeweils genutzten Dienst beschränken und nach den Zwecken der Datenverarbeitung differenzieren können.

Die angebotenen Wahlmöglichkeiten dürfen zudem nicht so ausgestaltet sein, dass sie es Nutzerinnen und Nutzern leichter machen, die Zustimmung zu einer dienstübergreifenden Datenverarbeitung zu erteilen als sie nicht zu erteilen, so die Einschätzung des BKartA. Nicht zulässig sei zudem eine anlasslos und präventiv erfolgende flächendeckende dienstübergreifende Vorratsdatenverarbeitung, auch nicht für Sicherheitszwecke, die ohne jede Wahlmöglichkeit für Nutzerinnen und Nutzer erfolgt.

 

Zuständigkeit des BKartA

Die Behörde teilte im Rahmen ihrer Pressemitteilung mit, dass für bestimmte Dienste von Google zukünftig auch der europäische Digital Markets Act (DMA) anzuwenden sei, dessen Durchsetzung in die ausschließliche Zuständigkeit der EU-Kommission fällt. Der DMA beinhaltet ebenfalls eine Vorschrift, welche eine dienstübergreifende Datenverarbeitung adressiert, allerdings nur sofern von der Europäischen Kommission noch zu benennende sog. zentrale Plattformdienste involviert sind. Das vorliegende Verfahren auf Basis des nationalen § 19a GWB reicht teilweise über die zukünftigen Anforderungen des DMA hinaus. Das BKartA erklärte, man stehe dazu mit der Kommission im Austausch.

 

Kommentar

Der weitere Fortgang des Verfahrens bleibt abzuwarten. Am wahrscheinlichsten dürfte eine Beendigung des Verfahrens durch die Abgabe von Verpflichtungszusagen oder eine Anpassung der Datenverarbeitung durch Google und eine darauffolgende Einstellung des Verfahrens sein. Sofern sich das BKartA und Google jedoch nicht einigen können, kommt auch eine Untersagungsverfügung des BKartA in Betracht. Eine abschließende Entscheidung in der Sache wird voraussichtlich im Jahr 2023 ergehen.

Die nun erfolgte Abmahnung stellt einen weiteren Schritt beim Vorgehen des BKartA gegenüber den sog. GAFA, den großen Digitalkonzernen nach §19a GWB dar. Auf Grundlage dieser Vorschrift hat das BKartA bereits Verfahren gegen Facebook, Amazon und Apple eingeleitet, siehe Pressemitteilung vom 28.01.2021Pressemitteilung vom 18.05.2021 sowie Pressemitteilung vom 21.06.2021

 

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