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Insight

Bundeskartellamt: Erste Prüfverfahren in Missbrauchsaufsicht über Energiepreisbremsen eingeleitet

25.05.2023

Locations

Germany

Das Bundeskartellamt (BKartA) hat am 15. Mai 2023 mitgeteilt, dass die ersten Prüfverfahren auf der Grundlage der Energiepreisbremsen-Gesetze eingeleitet wurden. Die Verfahren betreffen Unternehmen, die für die Belieferung mit Gas Erstattungsanträge nach den Preisbremsen-Gesetzen (StromPBG, EWPBG) beim Bund gestellt haben.
 


Neuer Tätigkeitsbereich des BKartA

Das BKartA wird zum ersten Mal in diesem Bereich tätig, nachdem es im vergangenen Jahr eine Abteilung zur Durchsetzung des Missbrauchsverbotes bei den Gas-, Strom- und Fernwärmepreisbremsen aufgebaut hat. Der Präsident des BKartA, Andreas Mundt, erklärte hierzu Ende des vergangenen Jahres: „Es geht nicht um den Schutz des Wettbewerbs, sondern […] um den Schutz der Steuerzahlerinnen und –zahler und darum, dass Unternehmen nicht ohne eigene Kostensteigerung ihre Preise erhöhen und so staatliche Subventionen missbräuchlich in Anspruch nehmen.“ Somit sei Ziel der Untersuchungen letztendlich auch, den Staat vor Ausbeutung zu schützen.

 

Überprüfung verdächtiger Erstattungsanträge

Laut dem BKartA betreffen die ersten eingeleiteten Prüfverfahren eine zweistellige Zahl von Gasversorgern, die möglicherweise überhöhte Erstattungsanträge nach den Preisbremsen-Gesetzen gestellt haben. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die zugrundeliegenden Preise gegenüber den Endkunden sachlich nicht gerechtfertigt sein könnten. Weitere Verfahrenseinleitungen bei Fernwärme und Strom stünden bevor.

Beim BKartA ist nach Angaben der Behörde seit Ende 2022 eine deutlich vierstellige Zahl an Beschwerden von Bürgern zu Energiepreisen eingegangen. Den jetzt eingeleiteten Verfahren vorausgegangen ist eine Analyse sämtlicher Antrags- und Meldedaten in mehreren tausend Anträgen durch das BKartA, aus denen sich insbesondere Preisstellung, Liefermengen, Entlastungssummen und Kundenzahlen ergeben.

 

Prüfungsmaßstab

Ob ein missbräuchliches Verhalten vorliegt, kann nicht allein anhand der Preise gegenüber Letztverbrauchern festgestellt werden. Vielmehr müssen sowohl die Beschaffungskosten als auch die regulatorischen Kosten in die Betrachtung einbezogen werden. Das BKartA wird also prüfen, ob diese Kosten so stark gestiegen sind, dass sie eine Preiserhöhung in der jeweiligen Art und Weise rechtfertigen. Dies ist nach den gesetzlichen Regelungen der Energiepreisbremsen beispielsweise nicht der Fall, wenn die gestiegenen Beschaffungskosten ursächlich auf einer Veräußerung von vor dem 25. November 2022 beschafften Energiemengen und einer teureren Wiederbeschaffung beruhen.

 

Rechtsfolgen

Sollten Verstöße festgestellt werden, so müssen unrechtmäßig erlangte Ausgleichzahlungen an die Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise die Strom-Übertragungsnetzbetreiber zurückgezahlt werden. Auch die Verhängung von Geldbußen ist möglich.

 

Hintergrund und Einordnung

Viele Versorger müssen derzeit die Energie zu sehr hohen Preisen einkaufen. Aktuelle Preiserhöhungen spiegeln hauptsächlich diese Kostensteigerungen wider. Um dies abzufedern stellt der Staat erhebliche Finanzmittel zur Entlastung von Verbrauchern und Industrie zur Verfügung. Die Preisbremsen zielen darauf ab, die Letztverbraucher durch eine Deckelung der Preise für bestimmte Entlastungskontingente für Gas, Wärme und Strom zu entlasten.

Die Verbraucher zahlen ausschließlich den gesetzlich festgelegten und in der Höhe gedeckelten Preis pro Kilowattstunde im Rahmen des Entlastungskontingents. In diesem Rahmen sind sie daher auch von Preiserhöhungen über den Preisdeckel hinaus während der Laufzeit der Preisbremsen nicht betroffen. Die Energieversorger erhalten dafür vom Staat entsprechende Ausgleichszahlungen, deren Höhe von der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis und dem durch die Preisbremsen gedeckelten Arbeitspreis bestimmt wird. Die Preisbremsen-Gesetze verbieten eine missbräuchliche Ausnutzung dieser Entlastungsregeln (§ 39 StromPBG und § 27 EWPBG). Damit soll insbesondere verhindert werden, dass Energieversorger eine höhere staatliche Ausgleichzahlung erhalten, indem sie ihre Arbeits-(Endkunden-)preise für Gas, Wärme oder Strom erhöhen, obwohl es für die Preiserhöhung keine sachliche Rechtfertigung durch gestiegene Kosten gibt.

Wenn einzelne Unternehmen dies ausnutzen sollten, um höhere bzw. ungerechtfertigte staatliche Subventionen zu erlangen, so Mundt, werde das BKartA solche missbräuchlichen Verhaltensweisen verfolgen. Anders als die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht setzt ein Tätigwerden des Bundeskartellamtes nach den Preisbremse-Gesetzen keine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen voraus. Sobald Unternehmen Erstattungen nach den Preisbremsen-Gesetzen beantragen, unterliegen sie der neuen Missbrauchsaufsicht.

 

Kommentar

Die nun eingeleiteten Prüfverfahren stellen voraussichtlich nur den Anfang einer Reihe von Prüfverfahren des BKartA dar. Dies betrifft zum einen weitere Unternehmen, die Verbraucher mit Gas versorgen. Zum anderen ist auch mit der Einleitung diverser Verfahren in den Bereichen Fernwärme und Strom zu rechnen.
 

 

Quellen

Bundeskartellamt - Missbrauchsaufsicht über Energiepreisbremsen: Erste Prüfverfahren eingeleitet – weitere stehen bevor

Bundeskartellamt - Missbrauchsverbot bei der Energiepreisbremse – Bundeskartellamt startet organisatorischen Aufbau

Der Spiegel - Kartellamt plant im Zuge der Energiepreisbremse Ermittlungen gegen Energieversorger

 

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