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Bundeskartellamt erreicht bei Google bessere Kontrollmöglichkeiten der Nutzer über Daten

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Das Bundeskartellamt (BKartA) hat am 5. Oktober 2023 Verpflichtungszusagen von Google akzeptiert. Darin verpflichtet sich Google, dass Nutzer künftig ihre Einwilligung in die dienstübergreifende Datenverarbeitung freiwillig treffen können. Es ist der erste Verfahrensabschluss basierend auf § 19a GWB. Diese Vorschrift wurde aufgenommen, um das Verhalten der großen Digitalkonzerne effektiver kontrollieren zu können.

Das BKartA führt eine Übersicht zu den Verfahren gegen Microsoft, Alphabet/Google,  Amazon, Apple und Meta/Facebook auf der Homepage.

§ 19a GWB als neues kartellrechtliches Instrument

Die Norm des § 19a GWB stellt ein seit 2021 normiertes kartellrechtliches Instrument gegen Wettbewerbsgefährdungen durch große Digitalkonzerne dar und soll dabei ein frühes und effektiveres Eingreifen ermöglichen. Anhand der Norm kann das BKartA in einem zweistufigen Verfahren zuerst die überragende marktübergreifende Bedeutung eines Unternehmens für den Wettbewerb feststellen (§ 19a Absatz 1 GWB). Anschließend kann die Behörde in einem zweiten Schritt dem Unternehmen wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen (§ 19a Absatz 2 GWB).

Anknüpfungspunkt für eine überragende marktübergreifende Bedeutung ist beispielsweise der Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten (vgl. § 18 Absatz 3a Nr. 4 GWB). In diesem Zusammenhang kann dem Unternehmen zum Beispiel untersagt werden, die Nutzung von Diensten davon abhängig zu machen, dass Nutzer der Verarbeitung von Daten aus anderen Diensten des Unternehmens oder eines Drittanbieters zustimmen, ohne den Nutzern eine ausreichende Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Umstands, des Zwecks und der Art und Weise der Verarbeitung einzuräumen (vgl. § 19a Absatz 2 Nr. 4a GWB).

Ausweislich des Gesetzesentwurfes soll durch die Norm die wirtschaftliche Macht von Unternehmen begrenzt, Märkte offengehalten und wettbewerbliche Prozesschancen geschützt werden (Gesetzentwurf zum GWB-Digitalisierungsgesetz S. 75).

Die Entscheidungen des Bundeskartellamtes

Mit Beschluss vom 30. Dezember 2021 hatte das BKartA auf der ersten Stufe die überragende marktübergreifende Bedeutung der Alphabet Inc., dem Mutterkonzern von Google, für den Wettbewerb festgestellt. Nach den Ausführungen des BKartA habe die Gesamtwürdigung aller vorliegend relevanten Umstände ergeben, dass Google über eine marktübergreifende wirtschaftliche Machtposition verfüge, die ihm vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrollierte marktübergreifende Verhaltensspielräume eröffne. Insbesondere biete Google eine breite Vielzahl von Diensten markt- und reichweitenstark an. Dadurch profitiere Google von Verbundvorteilen und könne marktübergreifend gegenüber anderen Unternehmen die Rolle eines Regelsetzers einnehmen. Durch den Rückgriff auf den breiten sowie tiefen Datenzugang, ohne hinreichende wettbewerbliche Kontrolle, könne diese Position weiter konsolidiert, ausgeweitet oder auf sonstige Weise zum eigenen Vorteil genutzt werden.   

Das Verfahren, dem die nun vorliegenden Verpflichtungszusagen entstammen, war im Mai 2021 parallel eingeleitet worden und betraf die dienstübergreifenden Datenverarbeitungskonditionen von Google. Die dienstübergreifende Verarbeitung betrifft Konstellationen, in denen Google personenbezogene Daten aus einem Google-Dienst mit personenbezogenen Daten aus einem anderen Google-Dienst oder aus Nicht-Google-Quellen zusammenführt oder diese Daten in getrennt bereitgestellten Google-Diensten weiterverwenden möchte. Nach Ansicht des BKartA bestehe ein Ausbeutungsverhalten insbesondere darin, dass Google die Nutzung der Dienste von der Zustimmung der Datenverarbeitungskonditionen zur dienstübergreifenden Verarbeitung abhängig macht, ohne den Nutzern eine transparente und ausreichende Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Umstands, des Zwecks und der Art und Weise dieser Datenverarbeitung einzuräumen. Es bestehe eine "take-it-or-leave-it" Vorgehensweise von Google, da sowohl für angemeldete, als auch für nicht angemeldete Nutzer teilweise überhaupt keine Wahlmöglichkeiten der Datenverarbeitung vorgesehen seien. An einer sachlichen Rechtfertigung fehle es, da im konkreten Fall einerseits der vorgetragene technische Umsetzungsaufwand nicht berücksichtigungsfähig sei und zudem das kommerzielle Interesse Googles hinter dem Recht der Endnutzer auf informationelle Selbstbestimmung zurücktrete.

Die Verpflichtungszusagen beinhalten nun die Pflicht von Google, den Nutzern künftig die Möglichkeit einzuräumen, ihre Einwilligung in die dienstübergreifende Datenverarbeitung freiwillig für den bestimmten Fall, informiert und unmissverständlich treffen zu können. Zur Einhaltung muss Google nun entsprechende Auswahlmöglichkeiten für die Datenzusammenführung anbieten. Auswahldialoge müssen so ausgestaltet sein, dass die Nutzer nicht manipulativ in Richtung einer dienstübergreifenden Datenverarbeitung gelenkt werden (Vermeidung von sog. „Dark Patterns“). Sofern eine dienstübergreifende Datenverarbeitung tatsächlich nicht stattfindet und Googles Datenverarbeitungskonditionen dies ausdrücklich klarstellen, muss Google aber keine entsprechenden Wahlmöglichkeiten anbieten.

Verhältnis zum DMA (EU-Recht)

Die vorliegenden Verpflichtungszusagen betreffen jedoch nur solche Dienste von Google, die nicht schon durch die Benennungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 6. September 2023 erfasst sind. Grundlage hierfür war der am 1. November 2022 in Kraft getreten Digital Markets Act (DMA), der seit dem 2. Mai 2023 Anwendung findet. Dieser beinhaltet mit Art. 5 Absatz 2 DMA eine ähnliche Regelung, wie die nationale Vorschrift des § 19a Absatz 2 Satz 1 Nr. 4a GWB. Die Entscheidung betraf die Benennung von Google zum "Torwächter" ("Gatekeeper") und die Designation bestimmter Dienste (Google Shopping, Google Play, Google Maps, Google Search, YouTube, Google Android, Google Chrome sowie Googles Online-Werbedienste), die nun unter den Anwendungs- und Regelungsbereich des DMA fallen. Das Verfahren des BKartA betrifft demgegenüber 25 weitere Dienste (u.a. Gmail, Google News, Assistant, Contacts und Google TV).

Hintergrund der Entscheidung des BKartA ist Art. 38 Absatz 1 DMA. Danach sollen nationalen Wettbewerbsbehörden und die Europäische Kommission zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterrichten. Zweck dahinter ist auch, Google ein einheitliches Vorgehen zu ermöglichen. Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt sagte hierzu: „Unser Verfahren belegt, dass sich der DMA und § 19a GWB sinnvoll ergänzen. Wir haben mit der Europäischen Kommission während des gesamten Verfahrens eng zusammengearbeitet und wir werden auch alle weiteren Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen des Netzwerks der europäischen Wettbewerbsbehörden miteinander koordinieren. Die Plattformregulierung nach dem DMA deckt bei weitem nicht alle Dienste der Unternehmen mit Gatekeeper-Status und auch nicht alle Wettbewerbsprobleme ab. Es bleibt daher wichtig, neben der Durchsetzung des DMA die Wettbewerbsvorschriften weiter konsequent anzuwenden.“

Pressemitteilung des Bundeskartellamtes

Entscheidung des Bundeskartellamtes B7-70-21

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