Wissenschaftsrecht aktuell: Rechtlicher Umgang mit laufenden Kooperationen mit der russischen Wissenschaft | Fieldfisher
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Wissenschaftsrecht aktuell: Rechtlicher Umgang mit laufenden Kooperationen mit der russischen Wissenschaft

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Ein Leitfaden für Hochschulleitungen und Hochschuljuristinnen und –juristen

Inhalt

A. Grundsätzliches: Keine spezifischen Sanktionen gegen wissenschaftliche Kooperationen 
B. Allgemeine Sanktionen und Auswirkungen auf bestehende Kooperationen
 1. Beendigung aller Vertragsbeziehungen mit direkt von Sanktionen Betroffenen
 2. Beendigung der Kooperationsverträge mit russischen Hochschulen immer möglich?
 3. Kann der Kooperationsvertrag aufgrund höherer Gewalt (force majeure) gekündigt werden?
 4. Finanztransfers innerhalb von bestehenden Forschungskooperationen aussetzen
 5. Lieferung von Infrastruktur, Software, Daten – im Zweifel aussetzen
 6. Ist es ein Problem, wenn die Hochschule noch Zahlungen aus Russland erhält?
 7. Kann ich eine Aussetzung des Vertrages verlangen?
 8. Sollte proaktiv ein Austausch mit dem Zuwendungsgeber gesucht werden?
Zusammenfassung
Vorschlag zum Vorgehen für die Praxis




A. Grundsätzliches: Keine spezifischen Sanktionen gegen wissenschaftliche Kooperationen

Die wichtigste Aussage vorab: Für den spezifischen Bereich der wissenschaftlichen Kooperation zwischen deutschen Hochschulen und russischen Hochschulen treffen die EU-Sanktionsregelwerke keine unmittelbar rechtsverbindlichen Regelungen. Es gibt kein Verbot von wissenschaftlichen Kooperationen, die beispielsweise nach den Regelungen des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 134 BGB) zur Nichtigkeit von Kooperationsverträgen führen würden.

Es gibt damit noch keine spezifisch gegen die Wissenschaft gerichteten Sanktionen. Davon zu trennen sind die politischen Aspekte.
Der DAAD teilte mit, den wissenschaftlichen Austausch mit Russland einzuschränken. So seien die Bewerbungsmöglichkeiten für Russland-Stipendien gestoppt und alle Auswahlen für DAAD-Stipendien nach Russland abgesagt worden. Auch würden bereits ausgewählte deutsche Stipendiatinnen und Stipendiaten für geplante Aufenthalte in Russland derzeit keine finanzielle Unterstützung erhalten.
Auch das Bundesforschungsministerium hat seine langjährige Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung mit Russland auf Eis gelegt. Die Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) teilte am 28.02.2022 in Berlin mit, dass jede laufende und geplante Maßnahme eingefroren und kritisch überprüft werde.
Ähnliche Aussagen gibt es auch von den Landesministerien. So vertritt etwa das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg laut Pressemitteilung vom 01. März 2022 folgenden Standpunkt:
"Forschungsgelder sollten der Russischen Föderation und russischen Einrichtungen nicht mehr zu Gute kommen und derzeit keine gemeinsamen wissenschaftlichen und forschungspolitischen Veranstaltungen stattfinden. Neue Kooperationsprojekte sollten bis auf Weiteres nicht initiiert werden."
Ähnlich auch die Allianz der Wissenschaftsorganisationen vom 25. Februar 2022. Die Allianz der Wirtschaftsorganisationen hat ebenfalls empfohlen, wissenschaftliche Kooperationen mit staatlichen Institutionen und Wirtschaftsunternehmen in Russland mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres einzufrieren sowie neue Kooperationen nicht zu initiieren.
Allerdings zeigt schon die Verwendung von Worten wie "sollte", dass keine unmittelbare Rechtspflicht besteht, es sei denn, es greifen tatsächlich die allgemeinen Sanktionsvorschriften. Dazu nun.
 

B. Allgemeine Sanktionen und Auswirkungen auf bestehende Kooperationen

Allerdings sind Hochschulen in Deutschland verpflichtet, die allgemeinen Sanktionen der EU und der USA zu befolgen. Hierbei gilt zwar, dass US-Sanktionen deutsche Hochschulen nicht unmittelbar binden können, sofern sie nicht auch in europäisches oder deutsches Recht umgesetzt werden. Es kann sogar sein, dass das proaktive Befolgen von US-Sanktionen teilweise gegen deutsches oder europäisches Recht verstößt. Da aber die Sanktionen der USA und der EU sich in den für Hochschulen entscheidenden Teilen decken, dürften hier keine vertieften Probleme legen. Stattdessen soll der Blick auf die EU-Sanktionen als maßgeblich gerichtet werden.


1. Beendigung aller Vertragsbeziehungen mit direkt von Sanktionen Betroffenen

Kooperationen mit von EU-Sanktionen Betroffenen Russen und Unternehmen sind zu beenden. Die Wissenschaftsfreiheit tritt zurück.

Die EU-Sanktionen verbieten direkte und indirekte wirtschaftliche Interaktionen mit gelisteten Personen, Unternehmen, an denen eine gelistete Person zu mindestens 50% beteiligt sind, und Firmen, die von gelisteten Personen dominiert werden.
Dieses sog. Bezahlungs- und Bereitstellungsverbot umfasst neben Geldtransfers, Verkauf von Waren, Bereitstellung von Dienstleistungen, Verwaltung von Vermögen sowie die Bereitstellung anderer wirtschaftlicher Ressourcen, z.B. Bargeld, Schecks oder Krediten.
Ob Personen, Gruppen und Organisationen von den Sanktionen umfasst sind, lässt sich beispielsweise unter: https://www.finanz-sanktionsliste.de/fisalis/ überprüfen.
Uns ist bisher kein Fall untergekommen, in denen eine deutsche Hochschule direkt mit von Sanktionen betroffenen Personen oder Unternehmen kooperiert oder von diesen Waren bezieht. Dennoch gehört es zu der grundlegenden Aufgabe der Hochschulleitung und den unterstützenden Juristinnen und Juristen, sicherzustellen, dass tatsächlich alle russischen Kooperationspartner bekannt sind und diese nicht auf der Sanktionsliste genannt sind. Sollte das wider Erwarten doch der Fall sein, sind sämtliche Vertragsbeziehungen unmittelbar zu beenden. Zugrundeliegende Verträge dürften bereits nichtig sein, sei es nach internationalem Recht oder nach § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die Frage richtet sich nach dem anwendbaren Recht. Dennoch sollte in diesem Fall mit Hinweis auf die EU-Sanktionen zur Klarstellung das Vertragsverhältnis mit der sanktionierten Person bzw. dem sanktionierten Unternehmen unmittelbar beendet werden. Eine klarstellende Kündigung ist angeraten.
Gelegentlich werden wir gefragt, ob dies mit der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG vereinbar ist. Die Antwort ist ein eindeutiges Ja. Die Wissenschaftsfreiheit des Grundgesetzes ist nicht schrankenlos gewährleistet. Sie tritt hinter andere Prinzipien von Verfassungsrang und Grundrechte Dritter zurück. Die deutsche Entscheidung, sich an den EU-Sanktionen zu beteiligten, hat auch bei Auswirkungen auf wissenschaftliche Kooperationen keinen rechtswidrigen Eingriffscharakter in die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG.
 

2. Beendigung der Kooperationsverträge mit russischen Hochschulen immer möglich?

Unabhängig von der politischen Lage stellt sich rechtlich die Frage: Ist ein Kooperationsvertrag mit einer russischen Hochschule oder Wissenschaftseinrichtung alleine aufgrund des Ukraine-Kriegs kündbar, wenn die Hochschulleitung sich politisch dazu entschließt, die Kooperation beenden zu wollen?

In vielen Fällen wird eine Kündigung des Kooperationsvertrags, wenn sie politisch innerhalb der Hochschule gewollt ist, rechtlich möglich sein.

Hier ist zu differenzieren:

  • Betrifft eine EU-Sanktion eine Verpflichtung der Parteien aus dem Vertrag, die zum Beispiel dazu führt, dass für die Kooperation zwingend benötigte wissenschaftliche Infrastruktur aufgrund einer EU-Sanktion nicht mehr nach Russland verkauft werden darf, handelt es sich bei der Sanktion um ein gesetzliches Verbot. Dies hat zur Folge, dass der deutschen Hochschule als Schuldner der Leistungsverpflichtung die Erfüllung ihrer Leistungspflicht untersagt ist. Zwar erlöschen die Pflichten des Vertragspartners nicht automatisch, vielmehr bleibt der Vertrag weiterhin bestehen. Jedoch kann der russische Kooperationspartner seinen Anspruch auf Erhalt der Ware nicht mehr durchsetzen, da der deutschen Hochschule die Lieferung unmöglich ist. Die Pflicht zur Lieferung wird infolgedessen suspendiert und gegebenenfalls sogar aufgehoben. In diesen Fällen wird es mit Hinweis auf diese Unmöglichkeit möglich sein, den Vertrag zu kündigen, sei es aufgrund entsprechender Regeln im Vertrag oder nach gesetzlichen Regeln (z.B. § 326 BGB).
  • Betrifft die Sanktion den Vertrag nicht, besteht zunächst grundsätzlich kein vertragliches oder gesetzliches Kündigungsrecht. Möchte die deutsche Hochschule in diesem Fall den Vertrag kündigen, geht das nur über ein vertraglich vereinbartes Kündigungsrecht. Sofern der Vertrag ein solches vorsieht, kommt es maßgeblich auf die Vertragsgestaltung an, ob der Ausbruch eines Krieges und die in dessen Konsequenz verhängten Sanktionen die Kündigung des Vertrages rechtfertigt. Etwa müsste untersucht werden, ob der Vertragspartner ohne Angabe von Gründen kündigen kann oder ob nur bestimmte Gründe zur Kündigung oder zum Rücktritt berechtigen. Häufig wird es aber gerade in den auf Kooperation geprägten wissenschaftlichen Verträgen zu einer Störung der Geschäftsgrundlage (siehe § 313 BGB) kommen, die zu einer Kündigung der deutschen Hochschule berechtigt. Dies gilt insbesondere dann, wenn öffentliche Zuwendungsgeber beteiligt sind (siehe dazu auch die folgenden Punkte).
Wichtig ist es aber, Zuwendungsgeber einzubinden und zuvor deren Einverständnis einzuholen, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden soll. Denn eine Kündigung kann auch fördermittelrechtliche Konsequenzen haben. Auch eine Rückzahlungsverpflichtung für die Fördermittel kommt in Betracht, da der Zweck der Förderung durch den Wegfall des russischen Partners nicht mehr erreicht werden kann.
 

3. Kann der Kooperationsvertrag aufgrund höherer Gewalt (force majeure) gekündigt werden?

Wir werden auch gefragt, ob die in vielen Kooperationsverträgen in der Wissenschaft enthaltenen typischen Force Majeure-Regeln für den Ukraine-Krieg greifen.
Die genaue Ausgestaltung der Force Majeure-Klausel ist von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich, sodass die Anwendbarkeit der Klausel im Einzelfall geprüft werden muss.

Force Majeure-Klauseln können etwa sehr allgemein formuliert sein. Es wird dann etwa ein Ereignis als Force Majeure definiert, das unvermeidbar, unvorhersehbar, außerhalb der Kontrolle der Parteien liegt und von keiner Partei verursacht wurde. In diesem Fall ist nicht von vornherein klar, ob ein bestimmtes Ereignis der Force Majeure unterfällt. Dies kann erst durch Auslegung des Vertrages sowie des Parteiwillens festgestellt werden.
Andererseits kann die Force Majeure-Klausel auch eine Aufzählung möglicher Ereignisse beinhalten, die von den Parteien immer als Force Majeure angesehen wird. So finden sich in dieser Aufzählung üblicherweise unter anderem Explosionen, Feuer, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Erdbeben, Epidemien oder auch der Ausbruch eines Krieges.

Hier ist zu untersuchen, ob die Klausel nur die aufgezählten Ereignisse als Force Majeure definiert oder ob die Ereignisse nur als Beispiele aufgeführt werden. Im Wissenschaftssektor wird hierbei wegen des internationalen Kooperationscharakters und dem Austausch von Infrastruktur, Daten und/oder Personal eher davon auszugehen sein, dass die Force Majeure-Klausel greift und zu einer Kündigung berechtigen kann. Allerdings gilt auch hier, dass ein Austausch mit dem Zuwendungsgeber bei öffentlich geförderten Projekten zuvor sinnvoll ist.
 

4. Finanztransfers innerhalb von bestehenden Forschungskooperationen aussetzen

Wir raten von Finanztransfers an russische Hochschulen ohne vorherige interne Risikoprüfung oder Einholung von Rechtsrat dringend ab. Letztlich dürfte das Problem ohnehin faktisch erledigt sein, da wegen der Sanktionen viele Banken keine Transaktionen mehr nach Russland durchführen.

In vielen Kooperationsverträgen ist geregelt, dass Zahlungen zwischen den Kooperationspartnern stattfinden. Beispielhaft sei die Weiterleitung von Fördermitteln durch einen Kooperationspartner an den anderen genannt. Hierbei wird häufig einer der Kooperationspartner Konsortialführer sein und daher die Mittel verwalten.

Die Kooperationsverträge sehen hierbei häufig feste Zahlungsziele vor bzw. Bedingungen, wann Fördermittel weitergeleitet werden sollen. Dann stellt sich die Frage: Sollen deutsche Hochschulen diese Zahlungen noch vornehmen?

Die allgemeinen Sanktionsregeln können den Zahlungspflichten trotz vertraglicher Verpflichtung entgegenstehen. Zahlreiche russische Großbanken sind von Sanktionen betroffen. Von dieser Blockade sind auch zahlreiche internationale Studierende und Wissenschaftlerinnen sowie Wissenschaftler betroffen, die etwa die Sberbank besonders häufig für finanzielle Transaktionen nutzen. Hierzu kann auch die Weiterleitung von Fördermitteln gehören. Sehen Sie daher von Überweisungen ohne entsprechende interne oder rechtliche Risikoprüfung ab.
 

5. Lieferung von Infrastruktur, Software, Daten – im Zweifel aussetzen

Wir raten dringend davon ab, ohne vorherige interne Prüfung oder Einholung von Rechtsrat Infrastruktur nach Russland zu liefern oder Software und Daten zur Verfügung zu stellen. Dabei ist es wichtig, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern deutlich zu machen, dass auch die Übertragung von Forschungsdaten unter ein Sanktionsverbot fallen kann.

Was gilt, wenn in dem Kooperationsvertrag geregelt ist, dass die Hochschule an den russischen Partner einen Beitrag leistet – seien es Infrastruktur, Software oder Daten, und nach dem Vertrag die Lieferung nun ansteht?
Hier ist ein Blick auf das allgemeine Sanktionsregime zu werfen:
Neben dem o.g. Bezahlungs- und Bereitstellungsverbot gelten Sanktionen für bestimmte Güterlieferungen nach Russland, die zu Unterbrechungen oder Schwierigkeiten in der Lieferkette führen können. Güter in diesem Sinne sind grundsätzlich Waren, Software und Technologie.

Durch das Militärembargo sind insbesondere alle direkten und indirekten Exporte von Militärgütern nach Russland verboten. Das umfasst auch die Ausfuhr aller Waren die eine militärische Endverwendung erfahren auch wenn sie nicht melde- oder genehmigungspflichtig sind.

Der Export von Gütern, die zur militärischen und technologischen Weiterentwicklung Russlands beitragen können, ist ebenfalls verboten (Verordnung 833/2014, Artikel 2a und Anhang VII). Gerade die technologische Weiterentwicklung könnte auch mit offenbar "harmlosen Gerät" oder Daten erreicht werden.

Der Export von Dual-Use Gütern (d.h. Güter, die neben dem zivilen Einsatz auch dem militärisch dienen können) nach Russland ist verboten, unabhängig davon, ob diese ihren Ursprung innerhalb der EU haben oder nicht. Die aktuelle Auflistung der Dual-Use Güter ist im Anhang I der Verordnung (EU) 2021/821 vom 20. Mai 2021 einsehbar. Hier kann auch so manche wissenschaftliche Infrastruktur fallen. Daher ist es sinnvoll, im Zweifel von Exporten nach Russland derzeit Abstand zu nehmen und sich ansonsten mit der Exportkontrolle abzustimmen.


6. Ist es ein Problem, wenn die Hochschule noch Zahlungen aus Russland erhält?

Das ist grundsätzlich kein Problem, wobei die Frage in der Praxis keine Rolle spielen dürfte, da Zahlungen aus Russland sehr unwahrscheinlich sind.
Nur Zahlungen von Personen oder Unternehmen, die auf der Sanktionsliste stehen, können ein Problem sein. Aber auch hier gilt: Zahlungen aus Verträgen, die vor der Listung der Person oder des Unternehmens abgeschlossen wurden, dürfen empfangen werden, wenn die Ware bereits geliefert wurde. Allerdings ist hierbei in der Regel eine Genehmigung bei den Finanzbehörden zu beantragen und der Empfängerbank zu übermitteln. Zahlungen an die gelisteten Personen oder Unternehmen sind unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verboten.
 

7. Kann ich eine Aussetzung des Vertrages verlangen?

Eine Aussetzung der Vollziehung des Vertrages kann in der Regel dann angeboten werden, wenn ansonsten eine Kündigung in Betracht kommt.
Eine Anpassung des Vertrags mit dem russischen Kooperationspartner kann ein sinnvolles Mittel sein, um nicht alle Brücken der Kooperation abzubrechen und zunächst Zeit zu gewinnen. Ob eine Anpassung des Kooperationsvertrages verlangt werden kann, hängt maßgeblich von den vertraglichen Regeln ab. Wenn der Vertrag keinen Anspruch auf Anpassung regelt, wird es auf ein Einverständnis des russischen Partners ankommen. Hierbei kann eine Anpassung insbesondere mit dem Argument eingefordert werden, dass ansonsten nur eine Kündigung des Kooperationsvertrages in Betracht kommt.
Bei öffentlichen Förderungen ist zuvor eine Absprache mit dem Zuwendungsgeber angezeigt.
 

8. Sollte proaktiv ein Austausch mit dem Zuwendungsgeber gesucht werden?

Das empfehlen wir dringend. Denn es kann sein, dass der Zuwendungszweck gefährdet ist, wenn eine Fortsetzung der Kooperation mittel- oder langfristig nicht möglich erscheint. Wegen der Kriegssituation kann das niemand sicher beurteilen. Zur Vermeidung von fördermittelrechtlichen Nachteilen empfehlen wir daher nachdrücklich, die Abstimmung zu suchen.
 


Zusammenfassung:

 
  • Es gibt kein spezifisches rechtliches Gebot für die deutsche Wissenschaft, bestehende Kooperationsvereinbarungen mit russischen Hochschulen oder Wissenschaftseinrichtungen zu beenden.
  • Aus dem allgemeinen Sanktionsregime folgt, dass jegliche Zusammenarbeit mit auf der Sanktionsliste stehenden Personen oder Unternehmen zu beenden ist.
  • Es gibt – abhängig vom jeweiligen Vertragswerk – voraussichtlich gute rechtliche Argumente, wenn eine Beendigung einer Kooperation mit russischen Einrichtungen hochschulpolitisch gewünscht ist.
  • Vor jeglichem Leistungsaustausch (Zahlungen wie Lieferung von Gütern oder Übermittlung von Daten) nach Russland ist eine sorgfältige interne Kontrolle vorzunehmen oder externe Beratung einzuholen. Im Zweifel sollte Abstand genommen werden. Im Zweifel sollte zunächst auf die Leistung verzichtet werden.
 


Vorschlag zum Vorgehen für die Praxis:


Schritt 1: Ermittlung aller Kooperationsbeziehungen mit russischen Einrichtungen
In einem ersten Schritt sind hochschulintern alle Kooperationsvereinbarungen mit russischen Einrichtungen zu ermitteln. Ohne Sachverhaltskenntnis können Risiken nicht sinnvoll abgeschätzt werden. Ein zentraler "Kümmerer" ist zu empfehlen, die/der sich der Aufgabe widmet.

Schritt 2: Prüfung, ob Beteiligte auf der Sanktionsliste genannt sind
In einem zweiten Schritt sollte geprüft werden, ob die Beteiligten auf russischer Seite auf der Sanktionsliste stehen. Wenn ja, sind die Kooperationsverträge zu beenden. Es dürfen keine Leistungen mehr seitens der Hochschule erbracht werden. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind zu informieren.

Schritt 3: Information an auf Seiten der Hochschule beteiligte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Personal
Bitte informieren Sie die in der Hochschule beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie das mit der Kooperation befasste Personal davon, dass sämtliche Sendungen nach Russland einschließlich der Übermittlung von Daten bei einer hochschulinternen Stelle anzumelden sind. Sie dürfen, wenn überhaupt, erst nach Freigabe erfolgen. Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler handelt es sich hierbei - auch im Falle der Verbeamtung - um eine Dienstpflicht.

Schritt 4: Ermittlung des Zeithorizonts für die Kooperationen und die Art der Beiträge
In einem vierten Schritt sollte systematisch der Zeithorizont für die Kooperationen ermittelt werden und die Art der Beiträge, die durch die Hochschule zu erbringen sind. Hieran anknüpfend sollte dann eine hochschulinterne Entscheidung im Einzelfall getroffen werden, ob die Kooperationen weitergeführt, geändert oder beendet werden soll.

Schritt 5: Informieren Sie im Zweifel die Zuwendungsgeber
Bei Kooperationen, bei denen eine Beendigung im Raum steht oder der Zuwendungszweck nicht mehr erreicht werden kann, sollte proaktiv der Zuwendungsgeber informiert und die nächsten Schritte mit diesem abgestimmt werden.

Schritt 6: Suchen Sie die Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde
Da die Frage der Beendigung aber auch die Aufrechterhaltung der Kooperation aktuell eine hochpolitische ist, ist eine vorsorgliche Abstimmung mit der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörde (etwa das jeweils zuständige Landesministerium) zweckmäßig, um das Vorgehen auch politisch abzusichern.

 

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