Koalitionsvertrag der neuen deutschen Regierung veröffentlicht - was plant die deutsche Regierung für die Blockchaintechnologie und Kryptowährungen? | Fieldfisher
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Case Study

Koalitionsvertrag der neuen deutschen Regierung veröffentlicht - was plant die deutsche Regierung für die Blockchaintechnologie und Kryptowährungen?

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Germany

Deutschland hat gewählt. Die neue Bundesregierung werden die Parteien SPD, Grüne und die liberale FDP bilden. Experte für Technologiethemen und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dennis Hillemann bewertet die Vorhaben und erklärt, auf welche Änderungen sich besonders deutsche Fintechs gefasst machen müssen.
 

Heute, am 24.11.2021, haben die drei Regierungen um 15 Uhr ihren neuen Koalitionsvertrag vorgestellt. Ich habe den Koalitionsvertrag sofort ausgewertet und möchte einen Überblick geben, was die neue Regierung für die Blockchaintechnologie und für Kryptowährungen plant. Dabei habe ich mich zunächst auf die Inhalte des Vertrages konzentriert, in denen die Blockchain oder Kryptowährungen ausdrücklich genannt werden. Den gesamten Vertrag werde ich nach und nach auswerten. Der Vertrag kann hier abgerufen werden.
Nun aber zur Übersicht:

 

Grüne Ampel für FinTechs und DeFi

Für FinTechs, InsurTechs, Plattformen, NeoBroker und alle weiteren Ideengeber soll Deutschland nach dem Willen der neuen Regierung einer der führenden Standorte innerhalb Europas werden. Es gilt aus Sicht der drei Parteien, die mit den neuen Technologien, wie z. B. Blockchain, verbundenen Chancen zu nutzen, Risiken zu identifizieren und einen angemessenen regulatorischen Rahmen zu schaffen. Die Regierung will deshalb für effektive und zügige Genehmigungsverfahren für FinTechs sorgen. Digitale Finanzdienstleistungen sollten ohne Medienbrüche funktionieren; dafür will die neue Regierung den Rechtsrahmen schaffen und die Möglichkeit zur Emission elektronischer Wertpapiere auch auf Aktien ausweiten.

Meine Meinung: Für Deutschland ist das ein gutes Zeichen. Die Blockchain-Strategie der alten Bundesregierung 2019 sah die Token-Ökonomie und damit auch die Möglichkeit dezentralisierter Finanzdienstleistungen als eine wesentliche Chance. Diesen Weg geht Deutschland unter der neuen Regierung damit hoffentlich weiter. Interessant wird dabei bleiben, ob die neue Regierung Deutschlands sich auch auf EU-Ebene für eine entwicklungsoffene und Blockchain-freundliche Regulierung einsetzen wird. Denn viele Regelungsmaterien liegen auf EU-Ebene; deutsche Regeln sind solange möglich, bis die EU sie durch eine andere Regelung ersetzt. Für die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (Bafin) wird es damit neuen Druck aus der Politik geben, Genehmigungsverfahren schnell durchzuführen. Zu erwarten ist, dass die Bafin dafür auch personell neu aufgestellt wird, um schneller bei den Genehmigungsverfahren zu werden. Die Entwicklung ist spannend und ein gutes Zeichen für Anbieter in Deutschland.

 

Gleiche Wettbewerbsbedingungen für Kryptohandel – Gemeinsame europäische Aufsicht für Kryptohandel

Noch hat die EU keinen abschließenden Gebrauch davon gemacht, den Handel mit Kryptowerten für die Mitgliedsländer zu regeln. Daher fand, auch zum Nachteil für Verbraucher, oft ein Wettbewerb zwischen den Mitgliedsländern statt, welches Mitgliedsland die liberalsten Bedingungen für Kryptobörsen und vergleichbare Anbieter anbietet. Gerade Länder wie Malta waren hier mit besonders liberaler Regulierung sehr beliebt.
Die neue Bundesregierung will gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen. Aus Sicht der neuen Regierung braucht Deutschland eine neue Dynamik gegenüber den Chancen und Risiken aus neuen Finanzinnovationen, Kryptoassets und Geschäftsmodellen. Die drei Parteien setzen sich für ein Level‐Playing‐Field mit gleichen Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU, zwischen traditionellen und innovativen Geschäftsmodellen und gegenüber großen Digitalunternehmen ein. Das europäische Finanzmarktaufsichtsrecht möchte die neue Regierung fit für die Digitalisierung und für komplexe Konzernstrukturen machen, um eine ganzheitliche und risikoadäquate Aufsicht über neue Geschäftsmodelle sicherzustellen.
Besonders spannend: Die neue Regierung ist der Ansicht, dass die Europäische Union für den Kryptobereich eine gemeinsame europäische Aufsicht braucht.
Deutschland will zudem Kryptoassetdienstleister zur konsequenten Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten verpflichten. Keine Anonymität mehr also – was wird das für die Private Coins wie Monero bedeuten? Das bleibt abzuwarten.

Meine Meinung: Auch das ist zu begrüßen. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, wenn jedes Mitgliedsland weiter selbst die Regulierung bestimmt und damit Rechtsunsicherheiten bei grenzüberschreitenden Transaktionen entstehen. Wegen des internationalen Charakters des Handels mit Kryptowährungen ist es auch sinnvoll, die Aufsicht auf die europäische Ebene zu stellen – auch wenn die Einrichtung einer solchen Aufsicht sicherlich eine ganze Menge Zeit in Anspruch nehmen wird.

 

Geldwäsche und Kryptowährungen

Die neue Regierung will sich auf EU‐Ebene dafür einsetzen, die zentralen Geldwäschevorschriften in eine Verordnung zu überführen. Ziel ist es, den Kampf gegen Geldwäsche europaweit effektiver zu gestalten und noch bestehende Lücken zu schließen. Die drei Parteien sind für eine effektive und unabhängige EU‐Geldwäschebehörde wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen und setzen sich für deren Sitz in Frankfurt am Main ein. Die EU‐Aufsichtsbehörde soll sich nicht nur um den klassischen Finanzsektor kümmern, sondern auch den Missbrauch von Kryptowerten für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindern.

Meine Meinung: Das lässt darauf schließen, dass jedenfalls der Handel mit Kryptowährungen auf EU-Ebene noch eine stärkere Regulierung – und gegebenenfalls Verschärfung – erfährt. Die Regeln sind nicht überraschend und aus meiner Sicht persönlich richtig, da Kryptowährungen nicht besser gestellt werden dürfen gegenüber anderen Werten. Auch insoweit wird es auf die europäische Ebene ankommen, also auf die Frage, wie Deutschland sich hier auf EU-Ebene einbringt und welche Haltung Deutschland vertreten wird.

 

Grundbuch auf die Blockchain?

Die Regierung will die illegale Finanzierung von Immobilien durch geeignete Maßnahmen bekämpfen. Dazu gehört der Versteuerungsnachweis für gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland, bei jeglichem Immobilienerwerb in Deutschland, und ein Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld. Im Grundbuch wird eine ladungsfähige Anschrift bei Änderungen verpflichtend. Die Regierung will eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben um zu untersuchen, ob ein Grundbuch auf der Blockchain möglich und vorteilhaft ist.

Meine Meinung: Das ist sehr interessant. Die Blockchain-Strategie der alten Bundesregierung hat noch 2019 ausdrücklich davon abgesehen, das Grundbuch auf die Blockchain zu übertragen. Die neue Regierung will diese Möglichkeit nunmehr erforschen. Gegebenenfalls gibt es hier eine grundlegende Wende. Das wäre aus meiner Sicht sehr zu begrüßen, da das Grundbuch als ein wichtiges öffentliches Register, das in Deutschland alle Transaktionen chronologisch verfolgt, ein Musteranwendungsfall für die Blockchain ist.

 

Verhinderung missbräuchlicher Dividendengeschäfte

Die Cum-Ex-Affäre hat Deutschland schwer erschüttert. Hier gab es – auch mit Hilfe von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Banken – illegale Rechtsgeschäfte mit Aktien, um den Staat um Steuergelder in Milliardenhöhe zu betrügen. Aufbauend auf den Maßnahmen der letzten Legislaturperiode will die Regierung alles dafür tun, missbräuchliche Dividendenarbitragegeschäfte zu unterbinden. Um dies betrugssicher sicher zu stellen, will die Regierung neue technische Möglichkeiten, z. B. Blockchain, noch stärker nutzen.

Meine Meinung: Auch das ist sehr zu begrüßen. Denn gerade für diesen Bereich von Dividendengeschäften kann die fälschungssichere Blockchaintechnologie einen wichtigen Impuls bieten.

 

Bewertung

Insgesamt sind die Punkte begrüßenswert und in meinen Augen aus den dargestellten Gründen richtig. Der große Wurf für die Blockchain und für Kryptowährungen bleibt allerdings jedenfalls im Koalitionsvertrag aus. Immerhin spricht die Erwähnung der Technologie dafür, dass die neue Koalition ihr eine besondere Innovationskraft einräumt. Das lässt hoffen, dass in der tatsächlichen Regierungsarbeit eine offene, freundliche Haltung gegenüber der Technologie eingenommen wird.

 

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