Gas- und Strompreisbremse – wie wird die Förderung für Unternehmen gestaltet? (Update) | Fieldfisher
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Gas- und Strompreisbremse – wie wird die Förderung für Unternehmen gestaltet? (Update)

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Mit Spannung wurde das Endergebnis der Beratungen zur Gas- und Wärmepreisbremse erwartet. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Preis/kWh um mehr als das Vierfache erhöht. Aufgrund dieser Ausnahmesituation wurde vom Bund ein Entlastungspaket in Höhe von 91 Milliarden Euro bereitgestellt, dessen Einsatz und Aufteilung im vergangenen Monat weitreichend ausgearbeitet wurde.

Der nachfolgende Beitrag liefert eine Übersicht dazu, welche Unterstützung Unternehmen erhalten.

 
 

A. Einleitung

Zu dem Zweck der Umsetzung der Gaspreisbremse zugunsten des Verbrauchers und Unternehmen wurde von der Bundesregierung eine Expertenkommission eingesetzt, die am 10.10.2022 erstmalig nach nur 16 Tagen Beratungszeit einen Zwischenbericht vorlegte. In einem Zwei-Stufen-Plan soll die Gaspreisbremse umgesetzt, und so der Verbraucher entlastet sowie Unternehmensschließungen und Insolvenzen vermieden werden. Am 17. Und 24. Oktober hatte die Kommission weitere Sitzungen anberaumt, deren Ergebnisse nun vorliegen.

Um eine finanzielle Entlastung der Betroffenen so schnell wie möglich zu gewährleisten, wird an einem zweistufigen Vorgehen festgehalten: zum einen soll eine Einmalzahlung im Dezember 2022 an Verbraucher und kleine sowie mittelgroße Unternehmen geleistet werden und zum anderen soll eine Gaspreisbremse vom 01.03.2023 bis 30.04.2024 wirken. Darüber hinaus hat die Bundesregierung auf die Kritik der Länder, dass der Maßnahmenbeginn im März zu spät sei, reagiert. Im Beschluss der Bund-Länder-Runder heißt es nun, dass eine Rückwirkung zum 01. Februar 2023 angestrebt werde.

Auch die Strompreisbremse soll schneller vorangetrieben werden: Der Beginn ist nun schon für Januar 2023 geplant. Für Haushalte und kleinere Unternehmen soll ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs für einen Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunden bereitgestellt werden. "Die Differenz zwischen dem zu zahlenden Marktpreis und der Deckelung wird als Entlastung monatlich von den Versorgern direkt mit dem Abschlag verrechnet", so der Beschluss.

Auch für Industriebetriebe plant die Bundesregierung eine Strompreisbremse. Sie sollen einen garantierten Nettopreis von 13 Cent pro Kilowattstunde für ein Strom-Grundkontingent von 70 Prozent des historischen Verbrauchs bekommen, der sich am Jahresverbrauch für das Jahr 2021 bemisst. Eine Förderung der Industrie soll unter Beachtung des europäischen Beihilferechts erfolgen.

 

B. Die Finanzierung der Gas- und Strompreisbremse

Grundsätzlich werden die Soforthilfe im Dezember sowie Gas- und Strompreisbremse aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) finanziert. Insgesamt stehen für den "Abwehrschirm" 200 Milliarden Euro zur Verfügung. Ein Teil der Strompreisbremse wird über die Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen bezahlt. Geplant ist das für März 2023, allerdings rückwirkend zum 01.09.2022. Erwartet wird ein zweistelliger Milliardenbetrag.

Die Kosten für die Abschlagszahlung im Dezember belaufen sich laut Bundesregierung auf ca. neun Milliarden Euro für Gas und Wärme. Die Gaspreisbremse für Bürger sowie kleinere Unternehmen soll etwa 33 Milliarden Euro kosten, für die Industrie sind rund 21 Milliarden Euro veranschlagt.

Die Strompreisbremse für Bürger und kleinere Unternehmen wird den Angaben nach etwa 23-33 Milliarden Euro stark sein, die analoge Maßnahme für Industriebetriebe 30-36 Milliarden. Die tatsächlichen Kosten hängen aber von der Entwicklung der Preise ab. Der Zuschuss zur Strompreisbremse aus dem WSF ist begrenzt.

 

C. Zusätzliche Kapazitäten für den Härtefallfonds

Ein Härtefallfonds soll ferner ein Volumen von zwölf Milliarden Euro umfassen. Geplant sind Regelungen für Verbraucher sowie kleine und mittlere Firmen, die von den Preisbremsen nicht ausreichend entlastet werden - gelten soll dies auch für Wohnungsunternehmen sowie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen oder Kultureinrichtungen. Die Härtefallregelung soll auch für selbstgenutztes Wohnungseigentum gelten, wo die Bevorratung anderer Heizmittel wie Öl und Holzpellets zu "unzumutbaren Belastungen" führen.

Die von der Bundesregierung geplante hälftige Beteiligung der Länder an den Kosten hatte im Vorfeld zu Irritationen geführt. Im Beschlusspapier heißt es nun: "Um größtmögliches Einvernehmen zu erreichen, werden die zuständigen Bundesministerinnen und Bundesminister die vom Bund vorgesehenen Härtefallhilfen mit den jeweiligen Fachministerinnen und Fachministern der Länder erörtern."

Die Härtefallregelung für kleine und mittlere Unternehmen soll darüber hinaus gesondert vereinbart werden. Der Bund ist aber bereit dafür eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Bis zur Konferenz der Wirtschaftsministerinnen und -minister am 1. Dezember soll ein Vorschlag für eine Regelung vorliegen.
 
 

D. Unionsrechtliche Problematiken

Ob die Gaspreisbremse beihilferechtskonform im Sinne des Art. 107 AEUV ist, wurde weiterhin nicht aufgegriffen. Das milliardenschwere Entlastungspaket hat bei anderen EU-Regierungen und in der EU-Kommission für einige Aufregung gesorgt. Es beschere ungerechte Vorteile auf dem gemeinsamen Binnenmarkt. Am 30.09.2022 kündigte der Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton an, dass genau geprüft werde, ob das Paket den Binnenmarkt verzerren werde. Bundeskanzler Olaf Scholz merkt an, dass das Entlastungspaket gemessen an Größe des Landes und der Einwohnerzahl mit den Hilfspaketen anderer Länder vergleichbar sei und aus diesem Grunde nicht gegen Beihilferecht verstoße.

Darüber hinaus stellt die EU-Kommission in Kürze ohnehin einen erweiterten Beihilferahmen vor, der den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum für Staatshilfe einräumen soll. In der Kommission hieß es zuletzt, dass das Paket ggf. überarbeitet werden müsse, eine grundsätzliche Querstellung aber unwahrscheinlich sei.
 
 

E. Aussichten und Kritiken

Die geplante Umsetzung lässt weiterhin viel Spielraum für Interpretation. Was auf den ersten Blick einfach klingt, ergibt in der Praxis immer noch viele Probleme. Was gilt zum Beispiel, wenn es keinen Vorjahresverbrauch gibt – etwa, weil eine vierköpfige Familie 2022 von einer kleineren in eine größere Wohnung umgezogen ist? Was gilt für Familien, die 2022 Zuwachs erhielten und bei denen ein Ehegatte mit Baby nun ständig zu Hause ist – mit dann wohl steigendem Gasverbrauch? Wenn der Staat nach Art. 6 des Grundgesetzes Ehe und Familie schützt, will er solche Familien dann schlechter behandeln? Was gilt für Familien, die von einer Öl- auf eine Gasheizung in 2022 umgestiegen sind?

Es fehlen außerdem Ausführungen zu gesetzgeberischen Instrumenten oder konkrete Anhaltspunkte zum Ausbau der benötigten Infrastruktur, die für die Umsetzung der Gaspreisbremse notwendig sein wird.

Zudem werden nach wie vor soziale Bedenken geäußert: Der Villenbesitzer profitiert augenscheinlich mehr von der Gaspreisbremse als der Geringverdiener mit einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Zwar solle die finanzielle Hilfe ab einer bestimmten Grenze der Einkommenssteuer unterliegen, um den Effekt etwas abzumildern. Trotzdem werden viele, die die Unterstützung nicht bräuchten von der Gaspreisbremse profitieren. Eine effektivere Lösung sei allerdings in der notwenigen Geschwindigkeit nicht zu finden. Schließlich wisse der Versorger dem Umfang nach nicht, ob er eine Villa versorgt oder einen Plattenbau.

Wenn nicht mindestens 20% des Gasverbrauchs im Vergleich zum Vorjahr eingespart wird, gerät Deutschland in eine Gasmangellage. Dies könnte von der Kommission nicht ausreichend berücksichtigt worden sein. Schließlich wird bei dem vorliegenden Modell auf Freiwilligkeit gesetzt. Ob Deutschland also mitten im Winter eine Mangellage ereilt, wird dem Ermessen des Verbrauchers überlassen. Aus diesem Grund wird eine Umfangreiche Infokampagne vorgeschlagen, die möglichst einen breiten Teil der Bevölkerung erreicht. Wenn nur 1/3 der Gesamtbevölkerung Deutschlands vernünftig spart, sei eine Gasmangellage nicht zu befürchten.

Der Einsatz der Kommission erfolgte reichlich spät zum Ende September 2022. Ungenauigkeiten und Lücken der Ausarbeitung werden unter Beachtung dessen zum Teil auch eingeräumt. Es wird deutlich gemacht, dass es einer schnellen Lösung bedarf, die unter den drängenden Umständen nicht dem Anspruch an Perfektion genügen kann.

 

F. Zusammenfassung

Der Staat soll für Verbraucher sowie kleine und mittelständische Unternehmen einmalig im Dezember 2022 die Abschlagszahlung übernehmen. Die Gaspreisbremse soll nun schon ab 01. Februar 2023 gelten und etwa ein Jahr andauern. Verbraucher sollen dann 12 ct/kWh auf 80% des Gas-Grundkontingents zahlen. Bei der Wärme gelten 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Für Strom in Haushalten und kleineren Unternehmen soll ein Grundkontingent von 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs für einen Brutto-Preis von 40 Cent je Kilowattstunden bereitgestellt werden. Darüber hinaus gelten die normalen Preise. Für Industriekunden fällt eine Einmalzahlung weg. Stattdessen soll bereits ab dem 01.01.2022 für 70% des Verbrauchs ein Beschaffungspreis von 7 ct/kWh gelten. Die Strompreisbremse soll einen garantierten Nettopreis von 13 Cent pro Kilowattstunde für ein Strom-Grundkontingent von 70 Prozent des historischen Verbrauchs umfassen, der sich am Jahresverbrauch für das Jahr 2021 bemisst. Die konkrete Ausgestaltung der Umsetzung von der Gas- und Strompreisbremse bleibt allerdings weiterhin offen, genauso wie europarechtliche Bedenken bislang nicht ausgeräumt wurden. Demzufolge bleiben die Kritiken, die nach dem Zwischenbericht laut wurden weiterhin bestehen.
 
 

Über die Autoren

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät u.a. die Tree Energy Solutions GmbH (TES) beim Bau eines Import Terminals für verflüssigte Gase in Wilhelmshaven. Derzeit berät er Unternehmen verstärkt in der Energiekrise.
 
Tanja Ehls begleitet als Rechtsanwältin im Frankfurter Büro von Fieldfisher regelmäßig Unternehmen in komplexen Verwaltungsverfahren, insbesondere auch des Fördermittelrechts. Sie tritt für Mandanten vor deutschen Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten als Anwältin auf und hilft in Krisenlagen. Zuletzt beriet sie viele Mandanten in schwierigen Fragen des Fördermittelrechts, insbesondere der Überbrückungshilfen.
 

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