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Der neue Gas-Notfallplan der EU

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In Reaktion auf die angespannte Gasversorgungslage ist am Dienstag, den 09.08.2022 der Gas-Notfallplan der EU als Verordnung in Kraft getreten. Den Mitgliedstaaten wird hiermit das Ziel aufgegeben, ihren Gasverbrauch von Anfang August 2022 bis Ende März 2023 freiwillig um 15 % zu reduzieren.  Maßgeblich hierfür ist der Gasverbrauch der letzten fünf Jahre. Sollte dies nicht ausreichen, kann mittels Auslösung des sogenannten Unionsalarms den Mitgliedstaaten verbindliche Einsparziele auferlegt werden (siehe dazu auch Punkt X des Beitrags "FAQ für Unternehmen - Rechtslage und Rechtsschutz gegen Gasrationierungen")

Anders als es der Verordnungsentwurf der Kommission jedoch vorsah, enthält die durch den Rat verabschiedete Verordnung einige Befreiungen bzw. Ausnahmen. So werden die Mitgliedstaaten von den verpflichtenden Gasnachfragesenkungen ausgeschlossen, die nicht an die Gasnetze anderer Mitgliedstaaten angeschlossen sind. Hintergrund des Ganzen ist, dass sie mangels Anbindung nicht in der Lage wären, Pipelinegas zugunsten anderer Mitgliedstaaten freizugeben.

Eine Ausnahme gilt darüber hinaus für Mitgliedstaaten, deren Stromnetze nicht mit dem europäischen Elektrizitätssystem synchronisiert sind und die für die Stromerzeugung in höherem Maße auf Gas angewiesen sind. Dementsprechend soll darauf hingewirkt werden, dass die Verordnung nicht auch noch eine Stromversorgungskrise auslöst.

Auch können Mitgliedstaaten ihr Reduktionsziel beschränken, wenn sie ihre Zielvorgaben überschritten haben oder wenn sie in hohem Maße von Gas als Rohstoff abhängig sind. Überdies können sie eine andere Berechnungsmethode anwenden, wenn ihr Gasverbrauch im letzten Jahr im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre um mindestens 8 % gestiegen ist.

Sollte sodann ein erhebliches Risiko einer schwerwiegenden Gasknappheit oder eine außergewöhnlich hohe Gasnachfrage bestehen, kann der Unionsalarm auf Vorschlag der Kommission durch den Rat aktiviert werden. Das kann auch dann der Fall sein, wenn mindestens fünf Mitgliedstaaten, die auf nationaler Ebene eine Warnmeldung abgegeben haben, die Kommission darum bitten.

Aufgrund des Charakters des Plans als Verordnung nach § 122 I AEUV ist sie nur für einen begrenzten Zeitraum vorgesehen. Ihre Geltung ist vorerst auf ein Jahr beschränkt.

Konkret hat die Verordnung zunächst keine Auswirkungen. Zwar handelt es sich um eine Verordnung, die grundsätzlich unmittelbar in allen Mitgliedstaaten wirkt. Letztlich bietet der (zunächst) freiwillige Charakter der Verordnung aber "unsolidarischen" Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Ziele der EU zu boykottieren. Im Endeffekt kann sich das zulasten der deutschen Industrie auswirken. Denn wenn der Unionsalarm ausgelöst wurde, werden die Mitgliedstaaten zum Gassparen "gezwungen". Im schlechtesten Fall kann sich das für die deutsche Industrie so auswirken, dass einige Unternehmen nicht mehr mit Gas beliefert werden, trotz dessen sich die deutsche Politik an den europäischen Gaseinsparzielen orientiert.

Diese Entscheidungen werden aber nicht auf EU-Ebene getroffen. Denn die Bundesnetzagentur entscheidet als Bundeslastverteiler im Falle eines Gasnotstands über die Gaslieferungen an Unternehmen. Der Gasnotfallplan wirkt selbst im Falle des Unionsalarms allenfalls mittelbar. Zu den Rechtsschutzmöglichkeiten wurde insbesondere in FAQ für Unternehmen – Rechtslage und Rechtsschutz gegen Gasrationierungen | Fieldfisher ausgeführt.

 

Kontakt

Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner im Verwaltungsrecht (vor allem Verwaltungsprozessrecht) im Hamburger Büro von Fieldfisher. Er berät Unternehmen und den öffentlichen Sektor, vor allem in komplexen Rechtsfragen des Öffentlichen Rechts und bei Streitigkeiten. Er berät u.a. die Tree Energy Solutions GmbH (TES) beim Bau eines Import Terminals für verflüssigte Gase in Wilhelmshaven. Er ist zudem Experte für Fördermittel und hat Prozesserfahrung aus vielen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

 

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