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ARUG II: Mitwirkungs- und Transparenzpflichten für institutionelle Anleger und Vermögensverwalter

30.08.2019

Locations

Germany

Das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrichtlinie (ARUG II), welches voraussichtlich im Herbst 2019 in Kraft tritt, wird Vermögensverwaltern, institutionellen Anlegern und...

Einleitung

Das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrichtlinie (ARUG II), welches voraussichtlich im Herbst 2019 in Kraft tritt, wird Vermögensverwaltern, institutionellen Anlegern und Stimmrechtsberatern umfangreiche Transparenz- und Offenbarungspflichten hinsichtlich der Ausübung ihrer Aktionärsrechte in börsennotierten Aktiengesellschaften auferlegen: künftig sollen diese ihre Mitwirkungspolitik öffentlich zugänglich machen und über die Umsetzung jährlich berichten, während Stimmrechtsberater jährlich erklären, ob sie den Vorgaben des Verhaltenskodex entsprochen haben.
 
Damit soll die Tätigkeit von Vermögensverwaltern, institutionellen Anlegern und Stimmrechtsberatern stärker an den Interessen der Anleger ausgerichtet werden. Anleger sollen besser kontrollieren können, ob eine Anlagestrategie verfolgt wird, die ihrem Anlagehorizont entspricht, so dass sie ihre Anlageentscheidung danach ausrichten können.

 

Adressatenkreis 

Adressaten der neuen Mitwirkungs-, Transparenz- und Offenbarungspflichten werden  - neben Vermögensverwaltern und Stimmrechtsberatern - institutionelle Anleger sein, worunter 

  • Lebensversicherungsunternehmen;

  • Rückversicherungsunternehmen (sofern sich diese Tätigkeiten auf Lebensversicherungsverpflichtungen bezieht;

  • Pensionskassen und

  • Pensionsfonds

fallen.

 

Mitwirkungspolitik und Abstimmungsverhalten 

Gemäß dem Grundsatz "comply-or-explain" werden institutionelle Anleger zukünftig verpflichtet sein, ihre Mitwirkungspolitik zu veröffentlichen oder eben zu erklären, warum sie dies nicht tun bzw. nicht umgesetzt haben.

Institutionelle Anleger haben danach ihre Mitwirkung in den Portfoliogesellschaften (Gesellschaften in die institutionelle Anleger investiert haben) zu beschreiben und insbesondere die folgenden Punkte zu veröffentlichen:

  • Ausübung von Aktionärsrechten, insbesondere im Rahmen ihrer Anlagestrategie;

  • Überwachung wichtiger Angelegenheiten der Portfoliogesellschaften;

  • Meinungsaustausch mit den Gesellschaftsorganen und den Interessenträgern der Portfoliogesellschaft;

  • Zusammenarbeit mit anderen Aktionären; sowie

  • der Umgang mit Interessenkonflikten.

Wichtige Angelegenheiten der Portfoliogesellschaften, sind zumindest solche „in Bezug auf Strategie, finanzielle und nichtfinanzielle Leistung und Risiko, Kapitalstruktur, soziale und ökologische Auswirkungen und Corporate-Governance“. Es ist daher davon auszugehen, dass mit der Umsetzung des Aktionsplans der Europäischen Kommission zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums vom 8. März 2018 ("Sustainable Finance") die Überwachung insbesondere der oben genannten ökologischen Auswirkungen eine deutlich gesteigerte Bedeutung zukommen wird.

Diese Anforderungen entsprechen im Wesentlichen dem Inhalt des sogenannten Stewardship Codes der European Fund and Asset Management Association ("EFAMA") vom 26. Februar 2018, der im Rahmen von freiwilligen Selbstverpflichtungen von Kapitalverwaltungsgesellschaften bereits angewendet wird. Dasselbe gilt für die vom Deutschen Fondsverband ("BVI") erstellten BVI-Analyse-Leitlinien für Hauptversammlungen 2019, die sich als Empfehlung an Kapitalverwaltungsgesellschaften richten.

Neben den freiwilligen Selbstverpflichtungen unterliegen Kapitalverwaltungsgesellschaften auch schon jetzt einigen verbindlichen Transparenzvorgaben: nach der Delegierten Verordnung (EU) 231/2013 ("DelVO") sind Kapitalverwaltungsgesellschaften verpflichtet, wirksame und angemessene Strategien zu erarbeiten, mit denen festgelegt wird, wann und wie Alternative Investment Funds Stimmrechte in Portfoliogesellschaften ausüben. Damit sollen Interessenkonflikte verhindert werden und sichergestellt werden, dass die Ausübung von Stimmrechten mit den Anlagezielen und der Anlagepolitik des jeweiligen Alternative Investment Funds in Einklang steht. Bisher erhalten Anleger jedoch nur auf Wunsch eine zusammenfassende Beschreibung der Strategien und ergriffenen Maßnahmen.


Mitwirkungsbericht und Veröffentlichung des Abstimmungsverhalten

Institutionelle Anleger müssen jährlich über die Umsetzung der Mitwirkungspolitik in Form eines Mitwirkungsberichts berichten. Der Mitwirkungsbericht enthält Erläuterungen allgemeiner Art zum Abstimmungsverhalten, zu den wichtigsten Abstimmungen und zum Einsatz von Stimmrechtsberatern. Eine Veröffentlichungspflicht besteht nur dann nicht, wenn die Stimmabgabe wegen des Gegenstands der Abstimmung oder des Umfangs der Beteiligung unbedeutend war. 

Zur Bestimmung, wann eine Beteiligung als bedeutend anzusehen ist, können u.E. die Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes ("WpHG") und des AktG herangezogen werden: Danach wäre eine Beteiligung spätestens dann als bedeutend anzusehen, wenn der institutionelle Anleger mindestens 3% der Stimmrechte aus ihm gehörenden Aktien einer Portfoliogesellschaft für seine Kunden hält. Aber auch institutionelle Anleger, die den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 Euro erreichen, sollten eine bedeutende Beteiligung halten.

Institutionelle Anleger sollten aber ihre eigenen Kriterien dafür festlegen, welche Stimmabgaben aufgrund des Gegenstands der Abstimmung oder des Umfangs der Beteiligung an der Portfoliogesellschaft unbedeutend sind, und diese konsequent anwenden.  Dies bedeutet u.E. jedoch nicht, dass eine Änderung oder Anpassung der Kriterien nicht im Nachhinein möglich ist. Um dem Transparenzgrundsatz Genüge zu tun, sollten Änderungen der Kriterien jedoch ebenfalls veröffentlicht werden.

Die Pflicht, den Mitwirkungsbericht jährlich zu veröffentlichen, bezieht sich auf einen Zwölfmonatszeitraum, so dass ein neuer Bericht spätestens innerhalb von zwölf Monaten zu veröffentlichen ist.

Für den Fall, dass institutionelle Anleger die oben genannten Anforderungen nicht erfüllen, sind sie verpflichtet, zu erklären, warum sie dies nicht tun. Die Erklärung muss klar und verständlich formuliert und begründet werden. Der Detailgrad der Erklärung kann jedoch variieren, um beispielsweise Betriebsgeheimnisse zu schützen oder Vertraulichkeitsvereinbarungen einzuhalten.

 

Vereinbarungen mit Vermögensverwaltern

Vermögensverwalter müssen die Veröffentlichung von Details ihrer Vermögensverwaltungsverträge mit institutionellen Anlegern dulden. Institutionelle Anleger, die einen Vermögensverwalter beauftragt haben, sind zur Offenlegung zahlreicher Vertragsdetails verpflichtet. Hierbei ist der institutionelle Anleger verpflichtet, Angaben dazu zu veröffentlichen, wie der Vermögensverwalter seine Anlagestrategie und -entscheidungen auf das Profil und die Laufzeit der Verbindlichkeiten des institutionellen Anlegers ausrichtet. Dies umfasst insbesondere Angaben:

  • zur Berücksichtigung der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Portfoliogesellschaft bei der Anlageentscheidung;

  • zur Mitwirkung in Portfoliogesellschaften, insbesondere durch die Ausübung von Aktionärsrechten;

  • zur Vergütung des Vermögensverwalters;

  • zur Überwachung des vereinbarten Portfolioumsatzes und der angestrebten Portfolioumsatzkosten durch den institutionellen Anleger; sowie

  • zur Laufzeit der Vereinbarung mit dem Vermögensverwalter.

Bei der Beurteilung der Entwicklung der Portfoliogesellschaft sind auch finanzielle und nicht finanzielle Leistungen einzubeziehen. Nach Ansicht des Gesetzgebers ist es ferner selbstverständlich, „dass zum Beispiel aus der Behandlung der Mitarbeiter und der Umwelt resultierende Risiken in Form von Reputationsschäden in die Bewertung der Portfoliogesellschaften einzubeziehen sind.“

Soweit der institutionelle Anleger und der Vermögensverwalter einzelne der oben genannten Themen nicht geregelt haben, unterliegt der institutionelle Anleger diesbezüglich keinen Veröffentlichungspflichten, muss jedoch begründen, warum hier keine Regelung getroffen wurde.  Im Falle von Regelungslücken sollte überlegt werden, diese durch nachträgliche Vertragsergänzungen zu schließen. 

 

Veröffentlichungspflichten - und Veröffentlichungsdauer

 

Die Informationen zu Mitwirkungspolitik und Abstimmungsverhalten, Anlagestrategie und Vereinbarungen mit Vermögensverwaltern sind für mindestens drei Jahre auf der Internetseite des institutionellen Anlegers bzw. im Bundesanzeiger öffentlich zugänglich zu machen und mindestens jährlich zu aktualisieren. Davon abweichend können institutionelle Anleger auf die Internetseite der Vermögensverwalter oder andere kostenfrei und öffentlich zugängliche Internetseiten verweisen, wenn dort die entsprechenden Informationen verfügbar sind.

 

Berichtspflichten des Vermögensverwalters an den institutionellen Anleger

Vermögensverwalter, die für einen institutionellen Anleger handeln, haben dem institutionellen Anleger jährlich zu berichten, wie ihre Anlagestrategie und deren Umsetzung mit den geschlossenen Vermögensverwaltungsverträgen im Einklang stehen und zur mittel bis langfristigen Wertentwicklung der Vermögenswerte beitragen . Der Bericht muss Angaben enthalten

  • zu den wesentlichen mittel- bis langfristigen Risiken;

  • über die Zusammensetzung des Portfolios, die Portfolioumsätze und die Portfolioumsatzkosten;

  • zur Berücksichtigung der mittel- bis langfristigen Entwicklung der Gesellschaft bei der Anlageentscheidung;

  • zum Einsatz von Stimmrechtsberatern; und

  • zur Handhabung der Wertpapierleihe und zum Umgang mit Interessenkonflikten im Rahmen der Mitwirkung in den Gesellschaften, insbesondere durch Ausübung der Aktionärsrechte.

Anstelle des Berichts an den institutionellen Anleger kann auch eine Veröffentlichung auf der Internetseite des Vermögensverwalters oder einer anderen kostenfrei und öffentlich zugänglichen Internetseite erfolgen. Dem institutionellen Anleger ist dann zu berichten, wo die Informationen veröffentlicht worden sind.   

 

Sanktionen

Um die Einhaltung der erhöhten Transparenzpflichten für durchzusetzen, werden durch das ARUG II auch Änderungen im Abschnitt der Bußgeldvorschriften eingeführt. Welche Transparenzpflichten durchgesetzt und bei einem Verstoß sanktioniert werden, wird nachfolgend tabellarisch dargestellt.

 

 Sanktionstatbestand 

 Transparenzpflichten 

 § 405 Abs. 2a Nr. 8

 

 

 

§ 134b Abs. 1

Mitwirkungspolitik ist zu veröffentlichen.

§ 134b Abs. 2 

Jährlicher Bericht über die Umsetzung der Mitwirkungspolitik.

§ 134b Abs. 3

Veröffentlichung  bei nicht unbedeutenden Gegenstand der Abstimmung oder unbedeutenden Umfangs der Beteiligung. 

§ 134b Abs. 5 Satz 1 

Informationen sind mindestens drei Jahre auf der Internetseite öffentlich zugänglich und mindestens jährlich zu aktualisieren.

 § 405 Abs. 2a Nr. 9 

 

 

 

§ 134c Abs. 1 

Informationen über die Hauptelemente der Anlagestrategie sind offenzulegen. 

§ 134c Abs. 2 Satz 1

Weitere Angaben sind offenzulegen, sofern Vermögensverwalter für einen institutionellen Anleger handelt.

§ 134c Abs. 2 Satz 2

Fehlt Vereinbarung nach § 134c Abs. 2 Satz 1, so ist zu erklären, warum dies nicht geschehen ist.

§ 134c Abs. 3 Satz 1

Informationen sind im Bundesanzeiger oder auf der Internetseite mindestens drei Jahre öffentlich zugänglich zu machen und mindestens jährlich zu aktualisieren.

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