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Insight

Sektoruntersuchung zum Scoring beim Online-Shopping

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Germany

Das Bundeskartellamt (BKartA) gab mit Pressemitteilung vom 31. März 2022 bekannt, eine verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung zum sog. "Scoring" beim Online-Shopping eingeleitet zu haben. Konkret geht es dabei um die Vorgehensweisen von Händlern, die Bonität von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Online-Shopping zu überprüfen.

Bonitätsprüfungen dienen der Risikominderung und sollen Vertragspartnern Aufschluss über die Zahlungsfähigkeit einer Person geben. Sie basieren typischerweise auf individuellen Score-Werten, die von Auskunfteien unter Berücksichtigung personenbezogener Daten ermittelt werden. Anhand der Scorer-Werte kann festgestellt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Käuferin oder ein Käufer die Rechnung bezahlen wird.

 

Untersuchungsanlass: Verbraucherschutz beim Online-Shopping

Die Durchführung von Bonitätsprüfungen unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Insbesondere ist hierzu eine freiwillige Einwilligung der betroffenen Person in die Datenverarbeitung erforderlich.

Problematisch könnte nach Auffassung der Behörde sein, dass die Praxis bei der Bestellung von Waren über den Online-Handel bzgl. Bonitätsprüfungen uneinheitlich und in vielen Fällen für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist. Letztlich besteht die Gefahr, dass durch Transparenz- und Einwilligungsdefizite gegen Verbraucherrechte verstoßen wird. Andreas Mundt (Präsident des BKartA) erklärte hierzu: „Vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern ist nicht bewusst, dass ihre Bonität beim Online-Shopping unter Zuhilfenahme sogenannter Score-Werte geprüft wird, vor allem beim beliebten „Kauf auf Rechnung“.

 

Untersuchungsumfang

Mit der Sektoruntersuchung soll nun geprüft werden, ob und in welcher Form die Online-Händler über die Bonitätsprüfung informieren, wie diese ablaufen und welche Kriterien dabei herangezogen werden. In die Untersuchung sollen Unternehmen einbezogen werden, die für das Scoring relevant sein könnten. Hierzu zählen insbes. Wirtschaftsauskunfteien, die mit der Erstellung von Score-Werten einen wesentlichen Faktor für die Bonitätsprüfungen an die Online-Händler zuliefern.

Nach Vorgesprächen mit Expertinnen und Experten und Interessenvertretungen wird das BKartA zeitnah schriftliche Befragungen von rund 50 ausgewählten Online-Händlern und großen Wirtschaftsauskunfteien durchführen. Die Ergebnisse der Sektoruntersuchung werden nach Abschluss der Ermittlungen in einem Bericht veröffentlicht.

 

Hintergrund

Sektoruntersuchungen können im Bereich des Verbraucherschutzes eingeleitet werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass erhebliche, dauerhafte oder wiederholte Verstöße vorliegen, die die Interessen einer Vielzahl von Verbrauchern beeinträchtigen. Dabei handelt es sich um eine generelle Branchenuntersuchung, ausdrücklich aber nicht um ein Verfahren gegen bestimmte Unternehmen.

Das BKartA kann mit diesen Befugnissen Probleme aufzeigen und Handlungsempfehlungen geben. Es kann verbraucherrechtliche Verstöße feststellen, verfügt aber nicht über Befugnisse, etwaige Verstöße zu ahnden.

 

Kommentar

Die vorliegende Sektoruntersuchung Scoring beim Online-Shopping ist die sechste verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung des BKartA. Auch bei den letzten Untersuchungen standen Sachverhalte im Fokus, die den digitalen Alltag der Verbraucher betreffen (u.a. Vergleichsportale, Smart-TVs, Nutzerbewertungen). Die Bedeutung von Online-Shopping wächst seit Jahren kontinuierlich. Damit steigt auch die Gefahr von Transparenz- und Einwilligungsdefiziten. Die Überprüfung ist insoweit ein weiterer wichtiger Schritt zur Stärkung der Verbraucherrechte in der Digitalwirtschaft.
 

Spezialgebiete

Kartellrecht