Das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) – was haben Immobilieneigentümer, Kaufinteressenten und Projektentwickler zu beachten | Fieldfisher
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Insight

Das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) – was haben Immobilieneigentümer, Kaufinteressenten und Projektentwickler zu beachten

20.06.2022

Locations

Germany

1. Hintergrund und Kurzinfo

Das GEIG dient der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie 2018/844, Artikel 8 Abs. 2 bis 6. Es fordert Bauherren dazu auf, für gewisse Parkplätze, die sich in oder an Gebäuden befinden, eine Ladeinfrastruktur mit Ladepunkten für Elektrofahrzeuge vorzusehen. Das GEIG ist am 24. März 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und seit dem 25. März 2021 in Kraft.

Das Ziel ist es, den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität im Gebäudebereich zu beschleunigen. Nicht anzuwenden ist das GEIG auf
  • Nichtwohngebäude (= Bürogebäude, Verwaltungs- und Industriegebäude), die sich im Eigentum von kleineren und mittleren Unternehmen (= weniger als 250 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von höchstens EUR 50 Mio. bzw. eine Jahresbilanzsumme von höchstens EUR 43 Mio.) befinden und überwiegend von diesen selbst genutzt werden;
  • größere Renovierungsvorhaben, bei denen die Kosten für die Lade- und Leitungsinfrastruktur im Baubestand 7 Prozent der Gesamtkosten der Renovierung des Gebäudes übersteigen (Wirtschaftlichkeitsklausel);
  • öffentliche Gebäude, wenn sie bereits vergleichbaren Anforderungen unterliegen;
  • Vorhaben, für welche die Bauantragstellung oder der Antrag auf bauaufsichtliche Zustimmung oder die Bauanzeige vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (25. März 2021) erfolgt ist – die jedoch nicht vor Inkrafttreten des GEIG fertiggestellt wurden, da sie ansonsten nicht als „Vorhaben", sondern als Bestandsbau zu behandeln sind.
 

2. Rechtlicher Rahmen

Die wesentlichen Regelungsinhalte bestehen in der Verpflichtung zur Ausstattung mit einer/einem:
  • „Leitungsinfrastruktur"
=
Gesamtheit aller Leitungsführungen zur Aufnahme von elektro- und datentechnischen Leitungen in Gebäuden oder im räumlichen Zusammenhang von Gebäuden vom Stellplatz über den Zählerpunkt eines Anschlussnutzers bis zu den Schutzelementen. Sie umfasst eine geeignete Leitungsführung für Elektro- und Datenleitungen, die den dafür geltenden elektro-, bau- und datentechnischen Vorschriften genügen. Zudem umfasst sie den erforderlichen Raum für den Zählerplatz.
 
  • „Ladepunkt"
= Einrichtung, die zum Aufladen von Elektromobilen geeignet und bestimmt ist und an der zur gleichen Zeit nur ein Elektromobil aufgeladen werden kann. Einschlägige Mindestanforderungen, die es bei der Errichtung zu beachten gilt, sind insbesondere die Ladesäulenverordnung (LSV), die dort bezeichneten DIN-Vorschriften sowie § 19 Abs. 2 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV).

 

a. Auswirkungen auf verschiedene Gebäudetypen
Die durch das GEIG geforderte Ausstattung richtet sich je nach Art des Gebäudes und der Anzahl der vorhanden bzw. geplanten Stellplätze.

 

Art des Gebäudes Anzahl Stellplätze Geforderte Ausstattung
Wohngebäude Neubau Mehr als 5
  • Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität für jeden Stellplatz
Nichtwohngebäude Neubau Mehr als 6
  • Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität für mindestens jeden dritten Stellplatz
  • Mindestens ein Ladepunkt
Größere Renovierung Wohngebäude Bestand Mehr als 10
  • Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität für jeden Stellplatz
Größere Renovierung Nichtwohngebäude Bestand Mehr als 10
  • Leitungsinfrastruktur für Elektromobilität für mindestens jeden fünften Stellplatz
  • Mindestens ein Ladepunkt
Nichtwohngebäude Bestand Mehr als 20
  • Mindestens ein Ladepunkt, ab 1. Januar 2025
Gemischt genutzte Gebäude Bestand Mehr als 10
  • Je nach überwiegender Art der Nutzung
Gemischt genutzte Gebäude Neubau (überwieg. Wohnen) Mehr als 5
  • Siehe „Wohngebäude Neubau"
Gemischt genutzte Gebäude Neubau (überwieg. Nichtwohnen) Mehr als 6
  • Siehe „Nichtwohngebäude Neubau"

Eine „größere Renovierung" liegt im Sinne des GEIG dann vor, wenn mehr als 25 Prozent der Oberfläche der Gebäudehülle einer Renovierung unterzogen werden und die Renovierungsmaßnahme den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes bzw. des Parkplatzes umfasst.

Dieser Begriff ist auch maßgeblich für die oben bezeichnete Wirtschaftlichkeitsklausel, die manche Renovierungen von der Anwendung des GEIG ausnimmt. Es bedarf einer eingehenden Prüfung um festzustellen, welche Kostenpositionen einer Renovierung für die Begründung der Wirtschaftlichkeitsklausel ansetzbar sind. Hierbei ist die Gesetzesbegründung zugrunde zu legen. Diese bezeichnet eine „größere Renovierung" als eine „Maßnahme an solchen Bauteilen der Gebäudehülle, durch die der Wärmeenergiebedarf des Gebäudes unmittelbar beeinflusst wird. Dies sind vor allem Maßnahmen an der wärmeübertragenden Umfassungsfläche wie an der Außenwand oder am Dach. Eine solche Maßnahme an der Außenwand wäre z.B. eine Erneuerung des Außenputzes der Fassade. Lediglich ein Neuanstrich der Außenwand oder reine Putzreparaturen an beschädigten Stellen wären keine größere Renovierung im oben genannten Sinne".

 

b. Konzentrationsmöglichkeiten
Damit die Versorgung von Stellplätzen mit Ladeinfrastruktur und Ladepunkten möglichst effizient gestaltet werden kann, sieht das GEIG Möglichkeiten zur Konzentration von Ladepunkten vor.

Einerseits kann der Eigentümer von mehreren Nichtwohngebäuden die Gesamtzahl der zu errichtenden Ladepunkte gesammelt in einer oder mehrerer seiner Liegenschaften errichten, sofern dem bestehenden oder erwarteten Bedarf an Ladeinfrastruktur in den betroffenen Liegenschaften dadurch Rechnung getragen wird. Diese Möglichkeit gilt auch für Bauherren, die zu Errichtung eines Ladepunktes verpflichtet sind – also vornehmlich beim Neubau bzw. bei größerer Renovierung eines Nichtwohngebäudes mit entsprechender Stellplatzanzahl.

Andererseits können Bauherren und Eigentümer von Gebäuden, die im räumlichen Zusammenhang stehen, Vereinbarungen über eine gemeinsame Ausstattung von Stellplätzen mit Ladeinfrastruktur oder Ladepunkten treffen um ihren vorbezeichneten Pflichten nachzukommen – sog. Quartierslösung. Ausdrücklich zulässig ist hierbei die Einbeziehung von Dritten, insbesondere Energieversorgungsunternehmen.

Der hier benutzte Begriff der „Ladeinfrastruktur" ist von dem oben erläuterten Begriff der „Leitungsinfrastruktur" abzugrenzen. Ladeinfrastruktur meint in diesem Sinne, die Summe aller elektronischen Verbindung, Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen, einschließlich Überstrom- und Überspannungsschutzeinrichtungen, die zur Installation, zum Betrieb und zur Steuerung von Ladepunkten für die Elektromobilität notwendig sind.

 

3. Fazit / Bewertung

Das GEIG setzt eine Vorgabe aus der EU-Gebäuderichtlinie zum Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität im Gebäudebereich um. Es soll den Ausbau dieser Infrastruktur beschleunigen, die Eigentümer und Bauherren jedoch nicht zu stark belasten.

Eigentümer und Bauherren werden je nach Gebäudetyp und Anzahl der vorhandenen oder geplanten Stellplätze verpflichtet, diese Stellplätze in bestimmter Weise auszustatten. In den meisten Fällen erschöpft sich diese Verpflichtung grundsätzlich auf die Ausstattung mit Schutzrohren für Elektrokabel. Ladepunkte sind nur in besonderen Fällen zu errichten.

Bei vorsätzlichen oder leichtfertigen Zuwiderhandlungen (= Ordnungswidrigkeit) müssen die Betroffenen mit einer Geldbuße von bis zu EUR 10.000,00 rechnen.
 

 

Kontakt

Bei sämtlichen Fragen zu diesem Thema steht Ihnen Robert Frühling gerne zur Verfügung.

Robert Frühling
Associate
+49 40 87 88 698 295
robert.fruehling@fieldfisher.com