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Überblick zur GWB-Novelle – Teil 4: Schadensersatz

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Ein Hauptanliegen der 9. GWB-Novelle ist die Förderung der Durchsetzung von Schadensersatz nach Kartellrechtsverstößen.

Ein Hauptanliegen der 9. GWB-Novelle ist die Förderung der Durchsetzung von Schadensersatz nach Kartellrechtsverstößen. Bereits mit der 7. GWB-Novelle wurde das GWB diesbezüglich geändert. Nun werden mit der 9. GWB-Novelle weitere Änderungen vorgenommen. Hervorzuheben sind:

  • Gesetzliche Vermutung eines Schadens
  • Anspruch auf Herausgabe von Beweismitteln
  • Änderung der Verjährung
  • Vermutung zu Gunsten indirekt Geschädigter
  • Förderung eines Vergleichs

Vermutung der Schadensverursachung

Nach dem neuen § 33a Abs. 2 GWB besteht nun eine gesetzliche Vermutung dafür, dass ein Kartell einen Schaden verursacht hat. Die widerlegliche Vermutung beschränkt sich dabei auf die allgemeine Feststellung der Schadensentstehung und des Kartellverstoßes als kausale Ursache des Schadens. Die Geschädigten bleiben weiterhin verpflichtet, ihre eigene Betroffenheit durch das Kartell darzulegen.

Erleichterte Akteneinsicht und Herausgabe

Geschädigten dürfen künftig die Herausgabe von Dokumenten verlangen. Der Anspruch richtet sich gegen Kartellanten, verbundene Unternehmen und auch gänzlich Unbeteiligte. Für die Herausgabe von Dokumenten genügt künftig, dass ein kartellrechtlicher Schadensersatzanspruch glaubhaft gemacht wird.

Wenn die  Herausgabe im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erwirkt wird, kann sogar die Darlegung des Eilbedürfnisses unterbleiben (§ 89b Abs. 5 GWB).

Neu eingeführt wurde ein Anspruch auf Herausgabe von Beweismitteln und Auskunftserteilung zugunsten des Kartellbeteiligten, also zur Verteidigung gegen den Schadensersatzanspruch (§ 33g Abs. 2 GWB).

Verjährung

Die Verjährungsfrist beginnt durch die Rechtsänderung erst ab Beendigung des Verstoßes zu laufen (§ 33h Abs. 2 GWB).

Indirekt Geschädigte

Der Gesetzgeber hat nun eine Vermutungsregelung eingeführt, wonach zugunsten des mittelbaren Abnehmers vermutet wird, dass der Schaden vom unmittelbaren Abnehmer auf ihn weitergewälzt wurde. Wurde also beispielsweise auf Herstellerebene ein Kartell gebildet und das Produkt über einen Großhändler an einen Einzelhändler geliefert, so wird zu Gunsten des Einzelhändlers vermutet, dass der Großhändler den überhöhten Preis durchgereicht hat.

Die Vermutung beschränkt sich allerdings auf das „Ob“ der Weitergabe. Der Umfang der Weitergabe bleibt hiervon unberührt und muss gegebenenfalls richterlich geschätzt werden (§ 33c Abs. 5 GWB).

Kartellanten können sich zur Verteidigung auf diese Vermutungsregelung jedoch nicht berufen.

Weitere Änderungen

  • Streitwert Nebenbeteiligung: Nach geltendem Recht erhöht die Möglichkeit des Streitbeitritts der übrigen Kartellanten das Kostenrisiko des klagenden Kartellgeschädigten erheblich. Dem wirkt die 9. GWB-Novelle mit der Begrenzung des Streitwertes bei Nebenbeteiligung entgegen, § 89a GWB. Der Streitwert für alle Nebenbeteiligten ist künftig in der Summe beschränkt auf den Streitwert der Hauptsache.
  • Schutz des Kronzeugen, Ausnahme zur gesamtschuldnerischen Haftung: Kartellanten haften grundsätzlich gesamtschuldnerisch im Sinne der §§ 830, 840 BGB für alle durch das Kartell verursachten Schäden. Der Kronzeuge, dem das Bußgeld vollständig erlassen wurde, ist nur seinen unmittelbaren und mittelbaren Lieferanten und Abnehmern zum Schadensersatz verpflichtet, andere Geschädigte müssen zuerst die übrigen Kartellbeteiligten in Anspruch nehmen, bevor der Kronzeuge auch Ihnen gegenüber zur Schadensersatzzahlung verpflichtet ist.
  • Kleinere und mittlere Unternehmen, Ausnahme zur gesamtschuldnerischen Haftung: Auch diese sind in bestimmten Konstellationen nur unmittelbaren und mittelbaren Lieferanten und Abnehmern zum Schadensersatz verpflichtet.
  • Vergleich: Der Kartellant, der sich mit einem Geschädigten im Wege des Vergleichs geeinigt hat, wird in der Höhe seines Anteils an dem Schaden von seiner Haftung im Verhältnis zu dem Geschädigten befreit. Hierauf können sich auch die Mitkartellanten berufen. Auf der anderen Seite können Mitkartellanten vom sich vergleichenden Schädiger im Innenverhältnis keinen höheren Ausgleich verlangen.

Kommentar

Die Änderungen des GWB dürften zu deutlich mehr Schadensersatzprozessen in Deutschland führen. Kläger profitieren künftig insbesondere von der längeren Verjährung und dem erleichterten Zugang zu Beweismitteln. Bereits bestehende Erleichterungen gelten weiterhin, also insb. die Bindung des Richters an die Feststellungen der Kartellbehörde.

Insbesondere die Einführung eines Anspruchs auf Zugang zu Beweismitteln ist eine signifikante Änderung des deutschen Rechts. Ob die Möglichkeit sich als praktisch nutzbar erweisen und für den Kartellgeschädigten zu spürbaren Erleichterungen führen wird, bleibt abzuwarten, da dem auf Herausgabe in Anspruch genommenen Kartellanten verschiedene Möglichkeiten zustehen, die Herausgabe zu verzögern. Dies könnte insbesondere unter Verweis auf Umfang und Kosten der Herausgabe bzw. die Vertraulichkeit der offenzulegenden Informationen geschehen.

9. GWB-Novelle

Das Änderungsgesetz zur 9. GWB Novelle wurde am 8. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht  (BGBl. Nr. 33, vom 8. Juni 2017, S. 1416). Mit wenigen Ausnahmen traten die geänderten Vorschriften am 9. Juni 2017 in Kraft.

Der Text der 9. GWB-Novelle kann hier über die Homepage des Bundesanzeiger Verlages abgerufen werden.

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