Corporate Capital Markets (CCM) Newsletter Germany - May 2018 | Fieldfisher
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Corporate Capital Markets (CCM) Newsletter Germany - May 2018

17/05/2018

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Germany

Corporate Capital Markets (CCM) Newsletter Germany - May 2018

I.          Aktuelle Gesetze und Regularien

EU-Richtlinienentwürfe zur grenzüberschreitenden Mobilität von Unternehmen sowie zur Digitalisierung des europäischen Gesellschaftsrechts

Die Europäische Kommission hat am 25.04.2018 im Rahmen des bereits seit langem angekündigten Gesellschaftsrechtspakets zwei richtungsweisende Richtlinienentwürfe zum Gesellschaftsrecht vorgelegt, die den Binnenmarkt insbesondere für Kapitalgesellschaften erheblich harmonisieren und digitalisieren sollen.

Der Entwurf zur lange erwarteten "Sitzverlegungs-Richtlinie" ("EU-Richtlinienentwurf zur grenzüberschreitenden Mobilität von Unternehmen"), betrifft die grenzüberschreitende Mobilität von Kapitalgesellschaften und soll Unternehmen grenzüberschreitende Umzüge, Zusammenschlüsse oder Spaltungen erleichtern. Insbesondere sollen die vom Verwaltungssitz isolierte Verlegung des Registersitzes und die grenzüberschreitende Umwandlung der Rechtsform ermöglicht werden (s.a. 'Polbud'-Entscheidung des EuGH). Dabei sieht der Richtlinienentwurf vor, dass zusätzlich zu den für die Verschmelzung bereits geltenden Regeln vergleichbare Regelungen für die Sitzverlegung und Spaltung eingeführt werden. Hierbei gleichen sich die administrativen Vorgaben weitestgehend und sollen einen umfassenden Schutz der Gesellschafter des jeweiligen Unternehmens sicherstellen: So soll ein Unternehmen sowohl bei einer geplanten Sitzverlegung als auch bei einer geplanten Spaltung zwei Monate vor der jeweiligen Gesellschafterversammlung die über die Maßnahme beschließt, die Bestellung eines unabhängigen Sachverständigen beantragen, der im Vorfeld der Maßnahme sämtliche Rahmenbedingungen überprüft und in einem schriftlichen Bericht festhält. Erst im Anschluss hieran überprüfen dann staatliche Stellen des Wegzugsstaates sowie des Zielstaates die Rechtmäßigkeit des Vorhabens. Sofern nicht sämtliche Gesellschafter explizit darauf verzichten, muss die Geschäftsführung im Falle einer grenzüberschreitenden Umwandlung zudem einen Bericht vorlegen, der in rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Gründe der geplanten Umwandlung sowie deren Auswirkungen auf die Gesellschafter darstellt. Hinsichtlich der Arbeitnehmermitbestimmung sollen grundsätzlich die Regelungen des Zielstaates gelten, wobei in bestimmten Fällen hinsichtlich der Arbeitnehmermitbestimmung Verhandlungen zwischen Unternehmen und Arbeitnehmerseite geführt werden müssen. Einen besonderen Schutz sollen künftig Minderheitsgesellschafter erfahren, die gegen die Maßnahme gestimmt haben: Ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, ihre Anteile gegen eine angemessene Barabfindung zu veräußern.

Der Richtlinienentwurf zur Digitalisierung der Verwaltungsverfahren im Zusammenhang mit der Gründung und der Tätigkeit von Unternehmen soll die europaweite Einführung digitaler Verfahren für die Gründung von Gesellschaften bezwecken. Durch die Einführung standardisierter Verfahren für Online-Eintragung, Online-Einreichung von Dokumenten und Online-Veröffentlichung im Gesellschaftsrecht sollen künftig in erheblichem Umfang Kosten und Zeit gespart werden. Zudem soll hierdurch eine erhöhte europaweite Transparenz auf gesellschaftsrechtlicher Ebene herbeigeführt werden. Durch die Möglichkeit der Online-Eintragung von Gesellschaften sowie Zweigniederlassungen in anderen Staaten soll künftig die Pflicht, hierfür persönlich bei einem Notar oder Register zu erscheinen, weitgehend entfallen. Lediglich bei Aktiengesellschaften sollen die Mitgliedsstaaten weiterhin das persönliche Erscheinen zur Gründung vorsehen können. Gemäß der Richtlinie soll künftig der Grundsatz der lebenslangen Onlineabwicklung gelten: Auch nach der Gründung sollen während des gesamten Lebenszyklus der jeweiligen Gesellschaft alle notwendigen Dokumente online übertragen und eingereicht werden können. Zudem sollen Unternehmen wegen des vorgesehenen Grundsatzes der einmaligen Anlaufstelle künftig nicht länger die gleichen Informationen mehrfach unterschiedlichen Behörden vorlegen müssen. Darüber hinaus sollen künftig mehr Informationen über Unternehmen in den Unternehmensregistern kostenlos einsehbar sein. Um trotz der Online-Abwicklungsmöglichkeit Betrug oder Missbräuche zu verhindern, sollen die nationalen Behörden künftig untereinander Informationen über Personen, die in einem anderen Mitgliedsstaat von Geschäftsführungs- oder Vorstandsfunktionen ausgeschlossen wurden, abrufen können.

Dr. Susanne Rückert/Florian Klose, Düsseldorf


Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze

Die Bundesregierung hat am 06.04.2018 den "Entwurf eines Gesetzes zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze" verabschiedet, der u.a. Änderungen des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) und des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) umfasst. Hintergrund des Gesetzesentwurfs ist die sog. Prospektverordnung (VO EU 2017/1129 – ProspektVO), die vollständig zum 21.07.2019 in Kraft tritt. Die Verordnung regelt das öffentliche Angebot und die Zulassung von Wertpapieren zu einem organisierten Markt neu.

Wie bereits in unserem Newsletter im Januar 2018 berichtet, werden die Art. 1 Abs. 3 Prospekt-VO und Art. 3 Abs. 2 Prospekt-VO ab dem 21.07.2018 wirksam. Gemäß Art. 1 Abs. 3 Prospekt-VO gilt die Prospekt-VO nicht für öffentliche Angebote von Wertpapieren mit einem Gesamtgegenwert in der Union von weniger als EUR 1.000.000, wobei diese Obergrenze über einen Zeitraum von 12 Monaten zu berechnen ist. Art. 3 Abs. 2 Prospekt-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten, öffentliche Angebote von Wertpapieren von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts auszunehmen, sofern der Gesamtgegenwert eines solchen Angebots in der Union über einen Zeitraum von 12 Monaten EUR 8.000.000 nicht überschreitet. Von der genannten Ausnahmeregelung soll nach dem Regierungsentwurf nun Gebrauch gemacht werden.

Dieser sieht zum einen vor, dass die bestehende Erleichterung für die Ausgabe von Wertpapieren u.a. durch Emittenten, deren Aktien bereits zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind, in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WpPG-E neu gefasst wird. Bisher gilt das WpPG nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 WpPG nicht, wenn der Verkaufspreis für alle im EWR über einen Zeitraum von zwölf Monaten durch diese Emittenten angebotenen Wertpapiere weniger als EUR 5.000.000 beträgt.

Durch die Neuplatzierung der Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WpPG-E wird sie technisch zu einer Ausnahme i.S.v. Art. 3 Abs. 2 Prospekt-VO. Sollte der Regierungsentwurf vor dem 21.07.2018 Gesetz werden, würde hierdurch vermieden, dass die Möglichkeiten eines prospektfreien Angebots für diese Emittenten durch das Inkrafttreten von Art. 1 Abs. 3 Prospekt-VO zum 21. Juli 2018 auf EUR 1.000.000 beschränkt würden (vgl. wiederum unseren Newsletter vom Januar 2018).

Des Weiteren sieht der Regierungsentwurf vor, dass § 1 Abs. 3 WpPG in den genannten Fällen entsprechend gilt, der Emittent also auf freiwilliger Basis einen Prospekt erstellen und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) billigen lassen kann. Dies kann sinnvoll sein, wenn das Angebot in der gesamten EU auch an sog. nicht-qualifizierte Anleger gerichtet werden soll. Durch die Billigung käme der Emittent in den Genuss des sog. Europäischen Passes und müsste den Prospekt nicht noch durch die Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten billigen lassen.

Eine Prospektpflicht kann zudem daraus folgen, dass die angebotenen Wertpapiere an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen. Zwar enthalten Art. 1 Abs. 5 Prospekt-VO und § 4 Abs. 2 WpPG-E auch insoweit Ausnahmeregelungen, diese sind aber nicht deckungsgleich mit denen in Art. 3 Abs. 2 Prospekt-VO bzw. § 3 Abs. 2 WpPG-E.

Eine weitere Ausnahme sieht der Regierungsentwurf in § 3 Abs. 3 Nr. 6 WpPG-E für öffentliche Angebote vor, deren Gesamtgegenwert im EWR weniger als EUR 8.000.000 beträgt. Der Referentenentwurf sah insoweit noch eine Obergrenze von nur EUR 1.000.000 vor. Nach § 3a WpPG-E ist allerdings vor einem solchen Angebot, das ein Volumen von EUR 100.000 überschreitet, ein von der BaFin zu gestattendes, inhaltlich an § 13 Abs. 2 VermAnlG orientiertes und höchstens drei DIN-A4-Seiten umfassendes Wertpapier-Informationsblatt zu veröffentlichen. Bei einem Angebot von Wertpapieren mit einem Gesamtgegenwert von mehr als EUR 1.000.000 dürfen die Wertpapiere nach § 3c WpPG-E zudem ausschließlich über Wertpapierdienstleistungsunternehmen vermittelt werden. Diese sind nach § 65a WpHG-E verpflichtet, zu prüfen, dass nicht-qualifizierte Anleger je nach Einkommens- bzw. Vermögenslage Wertpapiere im Gegenwert von höchstens EUR 1.000 bzw. EUR 10.000 erwerben können.

Dr. Axel Hoppe, Düsseldorf


ESMA veröffentlicht Final Report zu Technischen Durchführungsstandards (Technical Advice) nach der Prospektverordnung

Die European Securities and Markets Authority (ESMA) hat nach Abschluss der Konsultationen am 28.03.2018 den ersten Teil ihrer technischen Durchführungsstandards (Technical Advice) nach der neuen Prospektverordnung (VO (EU) 2017/1129 vom 14.06.2017) veröffentlicht (ESMA 31-62-800). Die technischen Durchführungsstandards beinhalten das Format und den Inhalt eines Prospekts, des neuen EU Wachstumsprospekts für KMU und Vorgaben für die Prüfung und die Billigung eines Prospekts. Die Vorschläge der ESMA zu den technischen Durchführungsstandards basieren auf der Annahme, dass die bisherigen Reglungen zum Inhalt eines Prospekts zum größten Teil beibehalten werden sollen. Die ESMA sieht allerdings eine Reihe von Änderungen vor, die zu einer Erleichterung für Emittenten führen soll, um die Kosten und den Verwaltungsaufwand für Prospekte zu vermindern. Dies beinhaltet insbesondere Anforderungen zur Offenlegung zum Anlegerschutz. Zudem hat die ESMA den Inhalt des neuen einheitlichen Registrierungsformulars (Universial Registration Document) festgelegt, dass von Emittenten genutzt werden kann, deren Wertpapiere bereits an einem regulierten Markt oder MTF notiert sind. Dieses Registrierungsformular soll das Billigungsverfahren für Emissionen beschleunigen, indem es als Grundlage für Emissionen genutzt werden kann. In Hinblick auf Sekundäremissionen schlägt die ESMA unter Einbeziehung bereits veröffentlichter, vorliegenden Kapitalmarktinformationen, eine Verminderung der offenzulegenden Informationen und Dokumente vor. Letztendlich macht die ESMA Vorgaben und setzt Kriterien für das Verfahren zur Prüfung und Billigung eines Prospekts, insbesondere Standards, wann ein Prospekt als vollständig, verständlich und konsistent anzusehen ist. Hinsichtlich des Verfahrens für die Einreichung und Billigung stellt ESMA weitgehend auf die schon in der Delegierten Verordnung 1916/301 gemachten Vorgaben ab, wobei Änderungen aufgrund der Vorgaben der neuen Prospektverordnung umgesetzt werden.

Sofern die Europäische Kommission den technischen Standards zustimmt, sollen die delegierten Rechtsakte bis zu 21. Januar 2019 auf Grundlage der technischen Standards der ESMA verabschiedet werden.

Dr. Sven Labudda, Hamburg


Hinweisschreiben der BaFin zu ICO (Initial Coin Offerings)

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 20.02.2018 ein Hinweisschreiben zur rechtlichen Einschätzung von ICOs ("Initial Coin Offerings") veröffentlicht, in dem sie sich zur aufsichtsrechtlichen Einordnung von ICOs äußert. In dem Hinweisschreiben empfiehlt sie Marktteilnehmern, die Dienstleistungen in Bezug auf Token erbringen, mit Token handeln oder Token öffentlich anbieten, genau zu prüfen, ob der entsprechende Token ein reguliertes Instrument, wie z. B. ein Finanzinstrument i. S. d. § 2 Abs. 4 WpHG oder ein Wertpapier i. S. d. § 2 Nr. 1 WpPG darstellt, um etwaige daraus sich ergebende gesetzliche Anforderungen lückenlos zu erfüllen.

Bei einem ICO, auch als ITS (Initial Token Sale) bezeichnet, handelt es sich um einen neuen Weg der Finanzierung von unternehmerischen Vorhaben und Start-ups, denen häufig keine anderweitige Finanzierungsquelle offensteht. Bei einem ICO werden Token oder der Anspruch auf den Erhalt von Token verkauft. Token basieren auf der Blockchain Technologie, wobei die mit den Token verbundenen Rechte und deren technische Ausgestaltung sehr unterschiedlich sein können. So gibt es Token, die für die Inanspruchnahme von Diensten und die entsprechende Zahlung dieser genutzt werden können (häufig auch als Utility Token bezeichnet). Andere Token stellen eine virtuelle Ersatzwährung zu den bestehenden gesetzlichen Zahlungsmitteln dar, wie z.B. Ether oder Bitcoin (häufig auch als Currency Token bezeichnet). Daneben gibt es weitere Formen wie etwa Donation Token, die keine Gegenleistung versprechen oder Security Token, die Gesellschafterrechte oder gesellschafterähnliche Rechte begründen (auch als Security Token bezeichnet).

In ihrem Hinweisschreiben betont die BaFin, dass sie aufgrund der Bezeichnung keine generelle aufsichtsrechtliche Einordnung von ICOs vornehmen wird. Zudem gibt das Hinweisschreiben auch keine Anhaltspunkte für eine generelle Einordnung von Token anhand bestimmter Kriterien. Nach Auffassung der BaFin ist die Einordnung eines Token eine Einzelfallprüfung, die auf Grundlage des jeweiligen konkreten Sachverhalts vorgenommen werden muss. Token können nach Ansicht der BaFin als ein Finanzinstrument im Sinne des WpHG, ein Wertpapier im Sinne des WpPG, ein Anteil an einem Investmentvermögen im Sinne des KAGB, eine Vermögensanlage im Sinne des VermAnlG, ein Finanzinstrument i.S.d. KWG, die Erbringung eines Zahlungsdienst nach ZAG oder ein Versicherungsgeschäft nach VAG einzuordnen sein.

Token können insbesondere als Wertpapier eingeordnet werden, da bei den meisten Token, viele der von der BaFin für die Einordnung als Wertpapier verlangten Voraussetzungen vorliegen dürften. So sind Token grundsätzlich übertragbar und an einem Finanz- bzw. Kapitalmarkt handelbar. Entscheidend für die Einordnung als Wertpapier ist deshalb, ob in dem Token Rechte verkörpert werden, wobei die BaFin dies bei Gesellschafterrechten oder schuldrechtlichen oder mit Gesellschafterrechten oder schuldrechtlichen Ansprüchen vergleichbaren Ansprüchen als gegeben ansieht. Was die BaFin allerdings für eine Verkörperung von schuldrechtlichen Ansprüchen erforderlich hält, bleibt unklar. Liegen bei einem Token die Voraussetzungen eines Finanzinstruments i.S.d. WpHG bzw. der MiFID II oder eines Wertpapiers i.S.d. WpPG vor, führt dies zur Anwendung der im Bereich der Wertpapieraufsicht anwendbaren Rechtsnormen und hat die in ihnen vorgesehenen aufsichtsrechtlichen Vorgaben auf einen Marktteilnehmer zur Folge. Werden einschlägige regulatorische Anforderungen nicht eingehalten, kann dies die Untersagung entsprechender Vorhaben oder Geschäfte durch die BaFin zur Folge haben. Zudem können derartige Verstöße als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern geahndet werden. Darüber hinaus sind bestimmte Verhalten auch als Straftat strafbewährt.

Im Übrigen kann ein Token zudem als Finanzinstrument i.S.d. Kreditwesengesetz (KWG) eingeordnet werden, wodurch bestimmte im Zusammenhang dem Token vorgenomme Geschäfte oder Dienstleistungen als Bankgeschäft (insb. das Finanzkommissionsgeschäft) oder als Finanzdienstleistung (insb. die Anlagevermittlung, Anlageberatung, der Betrieb eines multilateralen oder organisierten Handelssystems) erlaubnispflichtig sind. Die BaFin sieht insbesondere Currency-Token als Finanzinstrumente i.S.d. KWG an. Wer ohne Erlaubnis Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt kann mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Neben den oben aufgeführten finanzregulatorischen Vorschriften, gilt es bei einem ICO zudem auch allgemeine zivilrechtliche Verbraucherschutzvorschriften zu beachten. Werden diese nicht eingehalten, kann es zu Schadensersatzforderungen der Token-Käufer oder einer Rückabwicklungspflicht des Tokenkaufs kommen.

Dr. Sven Labudda, Hamburg / Fabienne Stamm, Düsseldorf


II.         Aktuelle Rechtsprechung

Ansprüche einer Gesellschaft gegen Aktionäre – Vertretungsbefugnis des besonderen Vertreters i.S.v. § 147 AktG ("Gelita" - OLG Karlsruhe, Urteil v. 14.03.2018 – 11 U 35/17)

Das OLG Karlsruhe hatte über die Berufung der Gelita AG, vertreten durch einen von der Hauptversammlung bestellten 'besonderen Vertreter', zu entscheiden. Nachdem das LG Heidelberg eine Schadensersatzklage der Gesellschaft gegenüber Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern sowie Aktionären in erster Instanz aus prozessualen Gründen als unzulässig abgewiesen hatte, bestätigte das OLG Karlsruhe die erstinstanzliche Entscheidung.

Nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG kann die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit die Geltendmachung von Ersatzansprüchen insbesondere aus der Geschäftsführung gegen Organmitglieder beschließen. Hierfür kann die Hauptversammlung gemäß § 147 Abs. 2 AktG einen besonderen Vertreter bestellen, der dann im Namen der Gesellschaft die betreffenden Ansprüche geltend macht. Durch das Institut des besonderen Vertreters soll es der Hauptversammlung ermöglicht werden, Ansprüche der Gesellschaft auch dann verfolgen zu lassen, wenn aufgrund von Interessenkonflikten der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft eine Anspruchsgeltendmachung ansonsten gefährdet wäre.

Das OLG Karlsruhe stellte nun klar, dass im Geltendmachungsbeschluss der Hauptversammlung nach § 147 Abs. 1 S. 1 AktG die zu verfolgenden Ansprüche konkretisiert werden müssen. Insofern reicht es nicht aus, lediglich eine Anspruchsgrundlage zu benennen, vielmehr muss der Beschluss in Grundzügen angeben, worauf eine entsprechende Ersatzpflicht beruhen könnte.

Ferner stellte das OLG Karlsruhe klar, dass § 147 Abs. 1 S. 1 AktG nicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft gegen Aktionäre ausgeweitet werden kann, da dies im ausschließlichen Kompetenzbereich des Vorstands liegt. Ein Geltendmachungsbeschluss, der die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Aktionären vorsieht, stellt daher nach Auffassung des OLG Karlsruhe einen derart schwerwiegenden Verstoß gegen die aktienrechtliche Kompetenzordnung dar, dass er gemäß § 241 Nr. 3 AktG nichtig ist.

Das OLG Karlsruhe bejahte daher die Gesamtnichtigkeit der gefassten Geltendmachungsbeschlüsse, was zu einer fehlerhaften Bestellung des besonderen Vertreters führte. Da die Gesellschaft vor diesem Hintergrund im Prozess nicht wirksam vertreten wurde, waren Klage und Berufung als unzulässig abzuweisen. Auf die Möglichkeit der Revision wurde laut Medienberichten verzichtet.

Florian Klose, Düsseldorf


Laufende HV-Saison: LG Stuttgart hebt Entlastungsentscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat der Porsche SE für 2015 auf

In einem Urteil, das in der laufenden Hauptversammlungssaison besonders beachtet werden sollte, hat das LG Stuttgart (Urteil vom 19.12.2017 - 31 O 33/16 KfH) die Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat der Porsche SE für das Geschäftsjahr 2015 kassiert. Hintergrund des Verfahrens bildete der –vom LG so bezeichnete – 'Dieselskandal'. Hierbei geht es bekanntlich um die Verwendung von Abschaltmechanismen in PKW-Dieselmotoren der Volkswagen AG (VW AG) und die daraufhin erhobenen Schadensersatzansprüche gegen die VW AG sowie von ihr geleistete Strafzahlungen, jeweils in Milliardenhöhe. Die Porsche SE ist mit ca. 52,2 % der Stammaktien größter Einzelaktionär der VW AG.

Das LG Stuttgart hat in seiner detailliert begründeten Entscheidung zwei Anfechtungsgründe für die Entlastungsbeschlüsse erkannt.

Zum einen sah es das Auskunftsrecht der Aktionäre als verletzt an. Da die Beteiligung der Porsche SE an der VW AG den weitaus größten Anteil am Vermögen der Porsche SE ausmacht, sah das LG Stuttgart den 'Dieselskandal' als eigene Angelegenheit der Porsche SE an, zu der ihre Aktionäre Fragen in der Hauptversammlung (HV) stellen konnten. Zwei Fragenkomplexe blieben in der HV unbeantwortet, nämlich die nach dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von Mitgliedern der Verwaltung der Porsche SE von Rechtsverstößen mit Bezug zum 'Dieselskandal' und die nach den von der Porsche SE getroffenen eigenen Maßnahmen zur Aufarbeitung der Angelegenheit. Insoweit verneinte das LG Stuttgart Auskunftsverweigerungsrechte. Insbesondere seien solche im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der HV noch nicht abgeschlossenen Vergleichsverhandlungen der VW AG mit den US-Behörden nicht anzuerkennen. Es sei nicht zu befürchten gewesen, dass durch Auskünfte in der HV der Ausgang dieser Verhandlungen für die VW AG negativ beeinflusst werden konnte. Soweit zum Schutze einzelner Verwaltungsmitglieder vor Strafverfolgung keine Auskünfte gegeben worden seien, handele es sich von vorneherein nicht um einen aus dem Unternehmensinteresse folgenden Auskunftsverweigerungsgrund.

Zum anderen begründete das LG Stuttgart seine Entscheidung damit, dass auch unter dem Eindruck des bekannt gewordenen 'Dieselskandals' bei der Porsche SE kein funktionierendes Überwachungssystem i.S.v. § 91 Abs. 2 AktG eingerichtet worden sei. Die Einrichtung eines funktionierenden Überwachungssystems ist als gesetzliche Vorgabe zum 1x1 der Unternehmensführung zu zählen. Hierauf hat der Vorstand jeder Aktiengesellschaft oder SE, auch wenn sie keine Publikumsgesellschaft ist oder "nur" Beteiligungen verwaltet, hinzuwirken.

Die weiteren Ausführungen des LG Stuttgart zur Verletzung von Auskunftsrechten sollten in der gerade laufenden HV-Saison besondere Beachtung finden. Den verantwortlichen Personen sollte die Entscheidung noch einmal in Erinnerung rufen, wie wichtig es gerade bei erwartet kritischen HVs ist, einen umfassenden Q&A-Katalog zu erstellen. Dabei sind vorbereitete Antworten mit anderen den Aktionären zur Verfügung gestellten Informationen, insbesondere in den Jahresabschlussunterlagen, abzugleichen, woran es im beschriebenen Fall gemangelt zu haben schien, wie das LG in seiner Entscheidung andeutet. Das Bestehen und die Reichweite von Auskunftsverweigerungsrechten sind im Vorfeld der HV gründlich zu prüfen. Antworten gerade auf missliebige Fragen, für die keine Auskunftsverweigerungsrechte ersichtlich sind, sollten vorbereitet und mögliche Nachfragen nach mehr Details ebenfalls aufgenommen werden. U.a. mit Aktionärsvereinigungen und sog. Stimmrechtsberatern sollten im Vorfeld der HV Gespräche geführt werden, um den Informationsbedarf auszuloten.

Dr. Axel Hoppe, Düsseldorf


III.        Aus unserer Praxis

Zur Freigabe eines genehmigten Kapitals mit der Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss bei Barkapitalerhöhungen in Höhe von bis zu 50% des Grundkapitals (OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.02.2018 – 12 AktG 1970/17)

Das OLG Nürnberg hatte über einen vom Düsseldorfer Aktienrechtsteam gestellten Freigabeantrag zu entscheiden. Dem Freigabeantrag lag die Anfechtungsklage eines Aktionärs gegen ein von Fieldfisher konzipiertes genehmigtes Kapital zugrunde. Dieses genehmigte Kapital ermächtigte den Vorstand der betroffenen Aktiengesellschaft mit Zustimmung des Aufsichtsrats zu einem Bezugsrechtsausschluss bei Sach- und Barkapitalerhöhungen von bis zu 50% des Grundkapitals.

Das OLG Nürnberg gab dem Freigabeantrag vollumfänglich statt und folgte der Argumentation von Fieldfisher. Das OLG Nürnberg entschied insbesondere, dass die Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet sei und verwies auf die sog. "Zwei-Stufen-Lösung" des BGH. Im Rahmen der ersten Stufe zum Zeitpunkt der Beschlussfassung wird lediglich abstrakt geprüft, ob die Schaffung eines genehmigten Kapitals mit der Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlusses im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt. Hierfür muss die Maßnahme lediglich allgemein umschrieben und in dieser Form der Hauptversammlung bekannt gegeben werden. Insbesondere stellte das OLG Nürnberg zu Recht klar, dass der Bericht des Vorstands nicht abschließend sämtliche in Betracht kommenden Anwendungsfälle künftiger Bezugsrechtsausschlüsse darstellen muss. Vielmehr reicht es aus, exemplarisch Fälle aufzuzeigen, in denen ein Bezugsrechtsausschluss künftig im Interesse der Gesellschaft liegen könnte. Erst auf zweiter Stufe, also bei der Ausübung des genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss durch den Vorstand, findet dann eine konkrete Prüfung der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses statt.

Das OLG Nürnberg stellt mit diesem Beschluss ausdrücklich klar, dass die Commerzbank/Mangusta I – Entscheidung des BGH (Urt. v. 10.10.2005 – II ZR 148/03) weiterhin aktuell ist und dass eine Vorratsermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss auch bei Barkapitalerhöhungen bis zur 50%-Grenze des § 202 Abs. 3 S. 1 AktG zulässig ist. Der begrüßenswerte Beschluss des OLG Nürnberg stärkt das Instrument des genehmigten Kapitals mit der Möglichkeit zum Bezugsrechtsausschluss als flexible Finanzierungsmöglichkeit.

Die dem Freigabebeschluss des OLG Nürnberg zugrundeliegende Anfechtungsklage wurde zwischenzeitlich im Rahmen eines Stuhlurteils vom LG Nürnberg in erster Instanz abgewiesen.

Florian Klose, Düsseldorf


High Court of Justice London – Zum D&O-Deckungsausschluss wegen Kenntnis und Auskunftsobliegenheit des Versicherungsnehmers

Der High Court of Justice in London hat am 02. März 2018 entschieden, dass ein D&O-Versicherer aufgrund einer nach deutschem Recht abgeschlossenen D&O-Versicherung für die Kosten einer Haftungsklage zweier Manager aufkommen muss, die ihr ehemaliger Arbeitgeber im Vereinigten Königreich gegen sie angestrengt hat. Wesentlicher Gegenstand des Verfahrens war eine sog. Deckungsschutzklage, mit der die betroffenen Manager von der D&O-Versicherung die Erstattung von Prozess- und Anwaltskosten einforderten, welche ihnen in nicht unerheblichem Umfang im Rahmen einer Schadensersatzklage ihres ehemaligen Arbeitgebers wegen des Vorwurfs von Pflichtverletzungen bereits entstanden sind und noch entstehen werden.

Der High Court konnte nicht erkennen, dass der Versicherungsnehmer von einem Fehlverhalten der versicherten Manager Kenntnis hatte, so dass ein entsprechender Ausschluss im Rahmen einer Verlängerung der D&O-Versicherung (renewal) nicht eingriff. Dabei legte das Gericht aufgrund der Einvernahme deutscher Sachverständiger den allgemeinen Kenntnisstandard zugrunde, wonach positives Wissen von den die Pflichtverletzung begründenden Umständen vorliegen muss, welches der Versicherungsnehmer zudem als pflichtwidrig einstuft. Auch ein Kennenmüssen der Pflichtverletzung seitens des Versicherungsnehmers sah das Gericht nicht als ausreichend an. Des Weiteren verneinte das Gericht einen die Deckung ausschließenden Obliegenheitsverstoß des Versicherungsnehmers, der für die von der Versicherung gestellten Fragen lediglich einen zeitlichen Aufschub erbeten hatte, die Auskunftserteilung aber im Übrigen in Aussicht stellte. Das Gericht sah insoweit keine Notwendigkeit, hierin einen für den D&O-Deckungsschutz der betroffenen Manager relevanten Deckungsausschluss anzunehmen.

Dr. Susanne Rückert / Fabienne Stamm, Düsseldorf


IV.     Gastbeitrag

Upcoming Opening-up of Chinese Capital Market

This year marks the 40th anniversary of China's reform and opening-up policy. Since the launch of the reform and opening-up policy in 1970, China has enjoyed rapid economic growth, thus dragging down the poverty rate in the country significantly and greatly improving people's livelihood.

There are 3 National Stock Exchanges in mainland China, which are the Shanghai Stock Exchange, the Shenzhen Stock Exchange, established in 1990s and the National Equities Exchange and Quotations in Beijing, which is an OTC market and established in 2013. The Shanghai Stock Exchange and the Shenzhen Stock Exchange are known as “Main Board”, having only 1407 and 2,109 listing companies on each market so far. However, the total market value is RMB 32,092,219 million and RMB 23,113,145 million.

The IPO process is competitive and challenging for Chinese companies, which still depend on the approval of the China Securities Regulatory Commission (CSRC). Although there is still no channel for non-Chinese companies to be listed in China (except for the Hongkong Stock Exchange), the constant target of opening-up and liberalization is pursued which includes the coming up of new capital markets policies and regulations step by step. Just on 30th March, a new regulation was issued to implement Chinese Depository Receipts (CDR), which aims at allowing the shares of foreign companies to be listed and traded in China, beginning with the purpose of dragging some Chinese listing companies on NASDAQ back to the Chinese stock market. The upcoming opening up of the Chinese capital market is currently indicated by the following examples:

  • MSCI Inc., a provider of research-based indexes and analytics, in March launched 12 new indexes that will expand its China index offering, including the MSCI China A Index, MSCI China A RMB Index, and MSCI China All Shares Large Cap Index.

  • In November 2017, the Chinese government relaxed restrictions on foreign ownership in jointly owned financial institutions. With this, foreign businesses are allowed to own up to 51 percent equity in such organizations. The limit will be totally abolished after the policy is in effect for three years.

  • The Global Asset Management Association of Lujiazui, which is a financial region in the centre of Shanghai, is ready to set up. More than 60 global asset management institutions, including BlackRock, Fidelity International and J.P. Morgan, attended a preparatory meeting in Lujiazui.

  • Frankfurt-based China Europe International Exchange will launch a new share market in 2018 to help Chinese companies raise funds for expansion in Europe and economies involved in the China-proposed Belt and Road Initiative, which was proposed by Chinese President Xi Jinping in 2013. In the town named Taicang in China, with only an area of 809 square kilometers and a population amounting to 470,000, is home to over 260 German companies.

Yiqian Zhang, Peking

V.      Weitere Veröffentlichungen Fieldfisher

Fieldfisher Client alert vom 24. April 2018: Summary of the decision of the German Federal Court (Bundesgerichtshof – BGH) dated 7 November 2017 regarding the taking into account of acquisitions of convertible bonds in determining the appropriate consideration in the context of takeover offers
Fieldfisher Newsflash vom 05.03.2018: OLG Düsseldorf veröffentlicht Urteil zum Informationsaustausch (Süßwarenhersteller)

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